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Traum erfüllt. Katja Nottke und Nicolai Preiß in ihrem Bar-Theater direkt am S-Bahnhof Lichterfelde-Ost.

© Kai-Uwe Heinrich

West-Berlin im Theater: Hallo, du versunkene Stadt

Schauspielerin und Sängerin Katja Nottke blickt in ihrem Stück „Jahrgang ’59, West-Berlin“ zurück. Erinnerungen werden quicklebendig.

Die sagenhafte Stadt Vineta soll in der Ostsee versunken sein, über das Schicksal von Atlantis streiten sich die Forscher, keiner weiß, ob es überhaupt existierte. Die verschwundene Inselstadt West-Berlin ist dagegen bestens dokumentiert und hat gerade Hochkonjunktur. Die Berliner Autorin Tanja Dückers schildert wie berichtet ihre Kindheit im Buch „Mein altes West-Berlin“, Historikerin Regina Stürickow erzählt West-Berliner Skandale. Und nun packt auch die gestandene Berliner Schauspielerin und Sängerin Katja Nottke ihre Erinnerungen aus – aber nicht zwischen Buchdeckeln, sondern künstlerisch auf der Bühne ihres eigenen charmanten Bar-Theaters am S-Bahnhof Lichterfelde-Ost.

"Die Insulaner waren doch ein ganz eigenes Völkchen"

„Jahrgang ’59, West-Berlin“ heißt ihr persönlich gefärbtes, neues Solostück. Die eine Hälfte ihres Lebens hat Katja Nottke ziemlich genau mit, die andere Hälfte ohne Mauer erlebt. Das fiel ihr auf, als sie vor einem Jahr in alten Fotokisten, Briefen und Tagebüchern kramte und sich wunderte, „dass alles schon so lange her ist“. Da kam ihr in den Kopf: „Diese Insulaner waren doch ein ganz eigenes Völkchen.“ Auch ihre Familie und sie selbst gehörten ja von Geburt an fest verwurzelt dazu.

Ihre Eltern Joachim Nottke und Maria Axt, sie starben 1998 und 1987, arbeiteten im Westen der Stadt als Schauspieler und Autoren. Die Mutter schrieb Kinderbücher, sprach Hörspiele ein, der Vater verfasste Text- und Drehbücher für Kabarettstücke, für den „Tatort“ und andere Krimiserien, spielte in TV-Filmen mit, war ein gefragter Synchronsprecher.

Lange Liebe zur Bühne. Katja Nottke 1988 in Jean Anouilhs Stück "Der Bäcker, die Bäckerin und der Bäckerjunge" im Theater Tribüne in Charlottenburg.
Lange Liebe zur Bühne. Katja Nottke 1988 in Jean Anouilhs Stück "Der Bäcker, die Bäckerin und der Bäckerjunge" im Theater Tribüne in Charlottenburg.

© picture alliance / RMR

Katja Nottke ging in die Spur ihrer Eltern, lernte ihren Beruf bei der West-Berliner Schauspiellehrerin Marlise Ludwig, spielte in TV-Filmen mit, in Musicals, Kabaretts, war engagiert im Renaissance- Theater, in der Vaganten-Bühne sowie auf Bühnen, die leider längst Erinnerung sind wie die Tribüne und das Hansa-Theater. Nottke war in der legendären SFB-Sendung die „Drei Damen vom Grill“ zu sehen, avancierte zur Synchronsprecherin, gab US-Schauspielerin Michelle Pfeiffer und der Raupe Nimmersatt ihre Stimme.

Mit Edith Piaf- und Zarah Leander-Revuen feierte sie im KAMA-Theater Erfolge

Nach der Wende gründete sie mit Claudio Maniscalco das „erste berliner musicalische privattheater KAMA“ an der Schwiebusser Straße in Kreuzberg, feierte dort mit Edith-Piaf- und Zarah-Leander-Revuen und ihrer vollen wuchtigen Altstimme auch als Sängerin Erfolge. Künstlerisch lief das KAMA bestens, geschäftlich weniger, weshalb es in den späten Neunzigern schließen musste. Doch 2004 erfüllte sich Katja Nottke erneut ihren größten Traum – sie gründete wieder ein eigens Theater, diesmal zusammen mit ihrem Ehemann Nicolai Preiß und bewusst außerhalb der City – in Lichterfelde-Ost.

Es gibt sogar kleine Gerichte aus der "guten alten Zeit"

„Nottke’s das KiezTheater“ existiert seither als Kleinkunstbühne ganz ohne Senatsknete, dank einer cleveren Mischung aus Chanson, Kabarett, Musical, Komödie und Volkstheater. Dort ist also „Jahrgang ’59, West-Berlin“ mehrfach in diesem Jahr zu erleben. Mit Gesang, Texten, Erzählungen und Erinnerungen, die Katja Nottke wieder quicklebendig macht. Dazu gibt’s kleine Gerichte und Getränke aus ihrer „guten alten Zeit“.

Was haben sie damals rund ums Lagerfeuer am Wannseestrand zur Gitarre angestimmt? Cat Stevens, Bob Dylan? Wo haben die jungen Insulaner nach dem Abi gefeiert und vor nichts und niemandem Angst gehabt? „Weil die besondere Atmosphäre der versunkenen Stadt so ganz anders war als alles andere in Deutschland.“

Sonntag, 30. April, 16 Uhr, „Nottke’s das KiezTheater“, Jungfernstieg 4c, Lichterfelde-Ost, 25 Euro p.P. inkl. Kaffee und Kuchen, Tickettelefon: 922 74 062. Spätere Termine: 22. Oktober und 18. November jeweils 16 Uhr. Hier ist der Spielplan im Mai.

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