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Geflickt und unter Wasser, so präsentieren sich viele Berliner Straßen.

© Kai-Uwe Heinrich

Wetter in Berlin: Pfützenslalom auf maroden Straßen

Dauerregen und Wind - so startet Berlin in die Woche. Kaum regnet es stärker, bilden sich Sturzbäche auf den Straßen. Das kann gefährlich für die Fußgänger werden.

Starkregen, eine Viertelstunde pladdert es aus allen Wolken, und schon sind viele Straßen nur noch im Pfützenslalom zu überqueren. Bernd Hertzog-Schlagk vom Lobbyverband Fuss e.V. findet es „dreist“, was dem Fußgänger in der Hauptstadt so zugemutet wird. „Besonders an Haltestellen wird es gefährlich“. Autofahrer rasen durch die wassergefüllten Spurrinnen, und die Wartenden nehmen eine Schmutzwasserdusche. Die Nebenspuren an der Heerstraße seien nach Regenfällen nur mit Gummistiefeln zu bewältigen. Doch thematisiert habe sein Verein das Problem bislang nicht, sagt Hertzog-Schlagk.

Rinnsteine sind häufig zugeparkt

Auch in der Politik spielt das Thema der künstlichen Seenbildung auf Berlins Straßen bislang keine Rolle. Die zuständigen Tiefbau-Stadträte in den Bezirken Mitte und Charlottenburg-Wilmersdorf verweisen pauschal auf die Wasserbetriebe, die wiederum sehen bei diesem komplexen Problem eher die Straßenreinigung in der Pflicht. „Die Regeneinläufe werden regelmäßig gesäubert“, erklärt die BSR, meistens durch „Baggersaugfahrzeuge“. Und: „Leider sind Regeneinläufe häufig zugeparkt, so dass die Kollegen die Stellen mehrfach anfahren müssen. Das ist bei diesem Thema oft eine besondere Herausforderung.“

Jens-Holger Kirchner (Grüne), Baustadtrat in Pankow, sieht die Hauptursache für überspülte Fahrbahnen im „grottigen Zustand von 95 Prozent der Berliner Straßen“. Das System Straße werde seit vielen Jahren „auf Verschleiß gefahren“, statt von Grund auf zu sanieren werde abschnittsweise flickgeschustert.

Das führt dann dazu, dass auch das Gefälle nur noch abschnittsweise funktioniert. Die Greifswalder Straße – nur als Beispiel – müsste dringend grunderneuert werden, das würde aber rund 18 Millionen Euro kosten und über längere Zeit ein Verkehrschaos auslösen. Früher hatte die Greifswalder ein Kopfsteinpflaster, das Regen durchsickern ließ. Mit der Asphaltdecke mussten Schächte gesetzt werden, damit das Wasser abfließen konnte. Das führt dann gelegentlich zu einem Rückstau. Kirchner erinnert auch daran, dass besonders im Osten der Stadt viele Straßen gänzlich ohne Entwässerung gebaut wurden. Der Autoverkehr war früher eben nicht so allgegenwärtig wie heute.

Sanierungsstau bei 1,3 Milliarden Euro

Der Rechnungshof bezifferte den Sanierungsrückstand bei den Berliner Straßen zuletzt auf 1,3 Milliarden Euro, der Bauindustrieverband verzeichnete 2015 einen Rückgang bei den Investitionen im Straßenbau um 4,3 Prozent. Senat und Bezirke haben in diesem Jahr 30 Millionen Euro für die "Straßeninstandhaltung" zur Verfügung.

„Nach lang anhaltenden Regenfällen oder Starkregenereignissen, welche sich in der jüngeren Vergangenheit häufen, kommt es in vielen Teilen der Stadt zu verzögertem Ablauf des Regenwassers und damit bleibt auch das Wasser in Spurrinnenbereich länger stehen“, teilt Rainer Hölmer, Baustadtrat von Treptow-Köpenick mit. Meistens liege das daran, dass die Regenwasserkanalisation nicht auf diese Wassermengen ausgelegt sei. In Einzelfällen seien auch Abläufe verstopft. Pfützenträchtig ist in Treptow besonders der Sterndamm. Hier gab es zuletzt immer wieder Baustellen, anschließend lief das Wasser nicht mehr richtig ab.

Feuerwehr hatte nicht mehr zu tun als sonst

Bei der Feuerwehr löste der Starkregen vom Montag keine Hektik aus. „Qualitativ und quantitativ haben wir bis jetzt noch keine Veränderung feststellen können“, hieß es am Mittag. Keine vollgelaufenen Unterführungen oder Keller, also. Die gibt es eher im Sommer, wenn sich über Berlin Gewitterwolken ergießen.

Das mag verwundern, sieht man sich die enormen Mengen Wasser an, die durch Berlins Straßen rinnen. Allein am Sonntag gingen durchschnittlich zehn Liter Regen auf einem Quadratmeter nieder. Rechnet man den Niederschlag des vergangenen Wochenendes zusammen, entspricht das schon einem Drittel der durchschnittlichen Regenmenge in einem Februar, rechnet Friedemann Schenk von der Berliner Wetterkarte e.V. vor. Und da war der Starkregen vom Montag noch nicht eingerechnet.

Was viele Berliner stört, kommt der Natur zugute. „Das letzte Jahr war recht trocken. Das tat der Natur und besonders dem Grundwasserspiegel nicht gut“, sagt der Wetterfachmann. Die rund 400 000 Berliner Straßenbäume, so viel lässt sich sagen, profitieren von dem schlecht ablaufenden Regenwasser.

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