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Berlin: Wettkampf im Werbeblock

Reklame im Kino wird gekürzt – aber möglichst nicht auf Kosten der Spots von Greenpeace, Amnesty oder Unicef

Filmfans freuen sich über kürzere Werbung im Kino, doch jetzt sind Sozialverbände und Hilfsorganisationen sauer. Denn die Cinemaxx AG, einer der größten deutschen Kinobetreiber, kündigte gestern im Tagesspiegel an, künftig weniger Werbespots von Greenpeace, Amnesty International oder Unicef zu zeigen. Die Kinokette reagierte damit auf Beschwerden von Gästen, die sich über Werbeblöcke von 40 Minuten und mehr vor dem Hauptfilm beklagten. Für die Sozial-Spots erhalten die Kinounternehmer kein Geld, auf die Kommerz-Filmchen, die Bares in die Kassen bringen, wollen sie aber nicht verzichten.

Die Ankündigung der Cinemaxx AG kam zustande, nachdem sich der Tagesspiegel der Klagen der Kinogäste angenommen hatte (wir berichteten gestern). Aber auch auf die Enttäuschung der Vereine und Verbände will die Cinemaxx AG nun Rücksicht nehmen. „Wir werden verstärkt unsere Eigenwerbung aus dem Programm nehmen“, kündigte Firmensprecher Arne Schmidt am Dienstag an, „damit wird die Situation in den besonders von der Werbung gefragten Sälen schon viel entspannter sein“. Als Beispiel nannte er die Reklame für die hauseigenen Geschenkgutscheine: Das Weihnachtsgeschäft ist vorbei, dann könne man jetzt darauf verzichten.

Allen Anfragen von Hilfsorganisationen, ihre Filme zu zeigen, könne die Cinemaxx AG ohnehin nicht gerecht werden, sagte Schmidt: „Sonst könnten wir jeden Tag spielend zehn Sozial-Spots zeigen.“ Jeder dauert etwa drei Minuten, und schon wäre das Programm wieder eine halbe Stunde länger.

Kommerzielle Kinowerbung ist derzeit sehr gefragt, weil vor allem in den Multiplextheatern Filme laufen, die große Zuschauermassen anziehen: vor Harry Potter, dem Herrn der Ringe, James Bond oder aktuell „8 Mile“ will jeder Reklame machen. Das freut die Kinobetreiber, schließlich sind die Einnahmen aus der Werbung ein immer wichtigerer Posten. Aufs Jahr betrachtet gibt es jedoch, ähnlich wie im Fernsehen oder bei den Printmedien, einen Rückgang der Kinowerbung. Genaue Zahlen lägen zwar noch nicht vor, aber der Trend sei klar, hieß es auf Tagesspiegel-Nachfrage zum Beispiel bei der Werbeverwaltung „Union“ aus Hamburg, die als eine der wenigen Firmen bundesweit die Reklame in Kinos schaltet. Wenn also die Kassenschlager nicht mehr laufen, werden auch die Werbeblöcke wieder kürzer. Arne Schmidt rechnet damit, dass schon Mitte Februar deutlich weniger Werbung läuft.

Gleichwohl verzichtet auch die Cinemaxx AG nie auf die Spots von Hilfsorganisationen. Zum Beispiel Unicef. Mit dem Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen hat beispielsweise das Haus am Potsdamer Platz eine Partnerschaft vereinbart. Diese Filmchen laufen nach Angaben des Cinemaxx-Sprechers immer. In anderen Kinosälen des gleichen Hauses, die nicht so sehr von der Werbewirtschaft gefragt sind (etwa die neun Studio-Säle mit maximal jeweils 50 Plätzen), könnten dann auch noch Spots anderer gemeinnütziger Verbände laufen.

In der Regel bekommen die Kinounternehmer dafür kein Geld, auch eine Spendenquittung gibt es nicht. Besonders häufig laufen Sozial-Spots allerdings in kleineren Theatern oder Einzelhäusern, die keiner Kette angehören. Diese Kinos sind für die Werbebranche nicht mehr so interessant, hier läuft deutlich weniger Reklame vor dem Hauptfilm als in den großen Kinos .

In diesen Kinos ist mehr Zeit für die Filme der Hilfsorganisationen. Das hat zum Beispiel Nina Tesenfitz von Amnesty International beobachtet: „Programmkinos sind unsere wichtigsten Spielstätten.“ Für Amnesty, aber auch Terre des Hommes und andere sind die Kinospots besonders wichtig. Im Kino laufen die Filmchen auch vor der Hauptvorstellung um 20 Uhr, wenn die Säle rappelvoll sind. Während der wichtigsten Sendezeiten im Fernsehen, etwa vor Beginn der Tagesschau, ist für die Organisationen kein Platz im Programm. Wenn die Kinos flächendeckend beschließen würden, die Sozialspots aus dem Programm zu nehmen, „wäre das eine Katastrophe“, sagt Tesenfitz.

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