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Berlin: Wie der NS-Zeit gedenken?: Der Ort der Täter soll nicht zum Ort der Opfer werden

Mit seinem Vorschlag, auf dem Gelände der Topographie des Terrors Mahnmale für nicht-jüdische Opfergruppen zu errichten, stößt der Vorsitzende der jüdischen Gemeinde, Andreas Nachama, durchweg auf Ablehnung. Das Areal sei ein "Ort der Täter und nicht der Opfer", begründet Stadtentwicklungs- und Bausenator Peter Strieder (SPD) seine Kritik.

Mit seinem Vorschlag, auf dem Gelände der Topographie des Terrors Mahnmale für nicht-jüdische Opfergruppen zu errichten, stößt der Vorsitzende der jüdischen Gemeinde, Andreas Nachama, durchweg auf Ablehnung. Das Areal sei ein "Ort der Täter und nicht der Opfer", begründet Stadtentwicklungs- und Bausenator Peter Strieder (SPD) seine Kritik. Die Direktorin der Topographie-Stiftung, Gabriele Camphausen, sagt, für "diese Idee gibt es keinen Diskussionsbedarf". Auch der Landesverband der Sinti und Roma lehnt den Vorschlag ab.

Das Areal nahe dem Abgeordnetenhaus sei nicht nur ein Ort der Täter, sondern auch der Opfer, betont dagegen Andreas Nachama. Die jetzige Brachfläche, bis 1945 Sitz die SS-Zentrale, sei groß genug, um aller Opfergruppen - Sinti und Roma, Homosexuellen, Behinderten, Deserteuren oder Kommunisten und Sozialdemokraten - zu gedenken. Nachama warnt nach der Entscheidung für das Mahnmal für die ermordeten Juden Europas vor einer "Hierarchisierung der Opfer". Wenn beim Holocaust-Mahnmal ein Dokumentationszentrum geplant werde, dann müsse dies gleichermaßen für die anderen Opfer des Nazi-Regimes gelten.

"Gedenken muss sich immer neu definieren", sagte Nachama. Festlegungen aus der Zeit vor dem Mauerfall müssten sich der veränderten Sicht der Öffentlichkeit stellen. "Es stünde der Stiftung gut an, das Konzept noch einmal neu zu diskutieren", fordert Nachama. Der Vorsitzende der jüdischen Gemeinde war selbst Geschäftsführer der Topographie-Stiftung. Sein Arbeitsverhältnis ruht. Er hat kürzlich angekündigt, nach Ende seiner Amtszeit im Frühjahr 2001 wieder auf den Posten zurückkehren zu wollen.

Natürlich müsse es ein Mahnmal für die 500 000 ermordeten Sinti und Roma geben, meint die Topographie-Geschäftsführerin Camphausen. Diese dürften aus dem Gedenken nicht ausgeschlossen werden. Das Gelände der Topographie des Terrors sei dafür aber "kein geeigneter Standort". Das Parlament habe Anfang 1990 beschlossen, sich auf die "Geschichte der Täter, der Planer und der Vollstrecker zu konzentrieren". Das sei 1993 auch Grundlage des Architektenwettbewerbs für das Besuchs- und Dokumentationszentrums gewesen. Durch zusätzliche Mahnmale werde das Konzept "aufgeweicht".

"Das Gedenken an die Opfer passt nicht in diesen Zusammenhang", meint auch Alice Ströver, kulturpolitische Sprecherin von Bündnis90/Die Grünen: "Die Erinnerung an Opfer und Täter darf nicht miteinander vermischt werden." Nachamas Vorschlag trage auch nicht dazu bei, die Finanzierungsprobleme für das umstrittene Dokumentationszentrum zu lösen. Kürzlich hatte der Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses einen Baustopp verhängt, weil der Entwurf des Schweizer Architekten Peter Zumthor mit 70 Millionen Mark nahezu doppelt so teuer wie ursprünglich geplant werden soll. Nachama selbst will seinen Vorschlag ausdrücklich nicht unter dem Aspekt der Kosten für das Erinnerungszentrum sehen. "Ich rede über Inhalte, nicht übers Geld."

Auch der Berliner Landesverband der Sinti und Roma sieht in dem Nachama-Vorschlag keine Lösung. Der Geschäftsführer Markus Rosenberg verweist darauf, dass 1994 die damaligen Senatoren Ulrich Roloff-Momin und Wolfgang Nagel dem Zentralrat der Sinti und Roma ein Gelände südlich des Reichstags zugesagt hätten. "Davon gehen wir nicht ab." Der Regierende Bürgermeister Eberhard Diegpen hat mehrfach betont, eine solche Zusage habe es nie gegeben.

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