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Berlin: Wie es ihm gefällt

Jürgen Wölffer, langjähriger Direktor der beiden Kudamm-Theater, wird heute 70

Ginge es nach ihm, würde er kein Brimborium um seinen heutigen 70. Geburtstag machen. Aber Jürgen Wölffer weiß, dass er da keine Chance hat – weder im Familien- und Freundeskreis, noch unter den Kollegen. Denn alle wollen sie dem Schauspieler, Regisseur und langjährigen Direktor von Theater und Komödie am Kurfürstendamm gratulieren. Und damit alle zu ihrem Recht kommen, wird gleich zweimal gefeiert – heute Abend sind die 80 Theaterangestellten und die Ensembles der laufenden Produktionen „Der Menschenfeind“ und „Der Gast“ eingeladen. Morgen geht es im engeren Familien- und Freundeskreis nochmals rund um einen der bekanntesten und nach wie vor aktiven Berliner Theatermacher – am 12. November hat mit Zuckmayers „Der Hauptmann von Köpenick“ in der Komödie seine 50. Inszenierung in Berlin Premiere.

Seine erste Regiearbeit leistete Wölffer 1971 in Erlangen: „Die ist nicht von gestern“, mit Elke Sommer in der Hauptrolle. Inszeniert hat er damals noch unter dem Pseudonym Reinhard Boy – nach seinem zweiten Vornamen und dem Mädchennamen seiner Mutter. Als er sich 1977 erstmals in Berlin als Regisseur vorstellte – in „Phantantische Nacht“ mit Günter Pfitzmann – war Jürgen Wölffer schon Direktor der beiden Boulevardtheater, deren Besuch für Berlin-Touristen bis heute ein Muss ist.

Dabei war es für ihn keine leichte Entscheidung, 1976 nach dem Tod seines Vaters Hans Wölffer die Leitung zu übernehmen. Ohnehin wäre er lieber Architekt geworden, die elterlichen Gene aber – der Vater Operndirigent und Regisseur, die Mutter Schauspielerin – hatten dann doch gesiegt: 1958 hatte Jürgen Wölffer sein Bühnendebüt als Sylvius in Shakespeares „Wie es euch gefällt“ am Düsseldorfer Schauspielhaus.

Seinen dramatischsten Auftritt hätte er beinahe schon Jahre zuvor gehabt. Gerade so schaffte es vor 70 Jahren seine Mutter Else Boy aus dem Café Wagenbrecht am Olivaer Platz ins Westendsanatorium in der Joachimsthaler Straße / Ecke Kurfürstendamm. Im Schlepptau Gisela Schlüter, eine bekannte Komikerin. Die war über den eiligen Wölffersproß so aufgeregt, dass man sie in der Klinik zunächst für die werdende Mutter hielt.

Nach dem Rentnerdasein muss man den graumähnigen Jubilar nicht fragen. In der 1988 in Hamburg eröffneten Komödie „Winterhuder Fährhaus“ und in der Komödie Dresden – 1996 sein Beitrag zur Wiedervereinigung – leitet er noch die Geschäfte. Nur daheim hat er 2004 das Zepter an Sohn Martin Woelffer übergeben. „Mein Sohn gibt mir aber noch genug zu tun“, sagt er über den Regisseur, der sich schon vor Jahren im Familiennamen das „oe“ zulegte. Doch ob mit „ö“ oder „oe“ – gemeinsam kämpfen sie seit Monaten darum, dass auch die dritte Generation am berühmten Boulevardtheater einsteigt und dieses nicht einem Shopping-Center weichen muss.

Heidemarie Mazuhn

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