zum Hauptinhalt
Berlin: Raed Saleh, Fraktionsvorsitzender der SPD im Abgeordnetenhaus Berlin, nimmt an einer gemeinsamen Pressekonferenz teil. SPD-Fraktionschef Raed Saleh möchte an der Seite von Bundesfamilienministerin Franziska Giffey Landesvorsitzender werden.

© dpa/Gregor Fischer

Wie steht die SPD zu Raed Saleh?: „Wir müssen über Alternativen nachdenken“

Erst ein irritierender Zeitungsbeitrag, dann ein peinlicher TV-Auftritt: Unter Berliner Genossen wächst der Unmut über SPD-Fraktionschef Raed Saleh.

Von Sabine Beikler

Ein gut gelaunter Raed Saleh im blaugrauen Anzug begrüßt am Mittwochmorgen im Stilwerk beim wirtschaftspolitischen Frühstück der IHK einige Parteifreunde. Nach außen hin lässt sich der SPD-Fraktionschef, der mit Franziska Giffey für die Doppelspitze der Partei kandidiert, keine Nervosität anmerken. Doch in der Berliner SPD rumort es. In den SPD-Abteilungen wird über Gegenkandidaten diskutiert. Tempelhof-Schönebergs SPD-Kreischef Lars Rauchfuß sagte dem Tagesspiegel: „Wir müssen darüber nachdenken, eine Alternative zu finden.“ Er ist der einzige SPD-Mann, der sich zitieren lässt. Aber er ist nicht der einzige, der so denkt.

Den „Drive“, wie ein SPD-Spitzenmann sagte, habe letztlich sein TV-Auftritt bei „Chez Krömer“ gegeben. Saleh hatte sich dort aus Sicht vieler in der Partei blamiert. Und „politisch katastrophal“ sei sein Zeitungsbeitrag kurz davor gewesen. In diesem hatte Saleh infrage gestellt, dass CDU und FDP sich nach Thüringen noch auf dem Boden der Demokratie bewegen. Die versuchte Ausgrenzung von CDU und FDP stieß in der SPD auf Empörung und Unverständnis.

Die SDP-Linke stand nie geschlossen hinter Saleh

Und Saleh, der ehrgeizige Strippenzieher, hat noch ein anderes Problem. Die SPD-Linke fühlt sich von ihm in einer Doppelspitze mit der Ordnungspolitikerin Franziska Giffey nicht repräsentiert. Früher galt Saleh als Parteilinker mit seinem Engagement für Bildungs- und Integrationspolitik. Doch die ohnehin zerstrittene SPD-Linke stand nie geschlossen hinter ihm. Dem Vernehmen nach gab es seit seiner Kandidaturankündigung mehrere Runden mit Vertretern des linken Flügels, die sich früher noch spinnefeind waren. Als alternative Kandidaten für Saleh werden in einigen Kreisverbänden Innensenator und Parteivize Andreas Geisel sowie Finanzsenator Matthias Kollatz genannt.

Geisel jedoch wäre wie Giffey ein Vertreter der „Law-and-Order-Fraktion“ und könnte die Linke nicht hinter sich wissen. Kollatz, der aus der SPD-Linken kommt, wäre durchaus eine Identifikationsfigur für viele Parteilinke. Nur: Er ließ am Mittwoch auf Tagesspiegel-Anfrage über seine Sprecherin mitteilen, dass er nicht kandidieren werde.

Giffey hat sich Saleh als Partner in der Doppelspitze gewünscht

Unabhängig von einem möglichen alternativen Kandidaten aber ist man sich in den SPD-Kreisverbänden einig, dass man Giffey als Nummer eins auf keinen Fall beschädigen wolle. Und offen bleibt für einige Genossen auch die Frage, was Giffey machen würde, wenn ihr ein alternativer Kandidat angedient werden würde. Denn sie hatte sich Saleh eindeutig als ihren Partner in der Doppelspitze gewünscht. „Ich unterstütze alles, was der SPD hilft“, sagte der SPD-Kreisvorsitzende in Friedrichshain-Kreuzberg, Harald Georgii, dem Tagesspiegel. „Aber ich bin nicht bereit, der Spitzenkandidatin ihren selbst ausgesuchten Partner im Vorsitz wegzuschießen.“

[In unseren Leute-Newslettern berichten wir wöchentlich aus den zwölf Berliner Bezirken. Die Newsletter können Sie hier kostenlos bestellen:leute.tagesspiegel.de]

Das denken viele, die in Giffey die einzige Chance für die SPD sehen, das Ruder herumzureißen und die Wahl zur Regierenden Bürgermeisterin 2021 zu gewinnen. Gegenwärtig dümpelt die Berliner SPD bei Umfragewerten von 15 bis 16 Prozent. Raed Saleh wollte die Kritik an ihn am Mittwoch nicht kommentieren. Stattdessen nimmt er in seiner Begrüßung der rund 200 Gäste bei der IHK seinen Krömer-Auftritt auf.

„Ich bin lieber hier als bei Krömer. Berlin groß denken ist ein Appell, der sich an die Politik und Entscheidungsträger richtet“, sagte Saleh. Er referierte über Berlin als Wissenschaftsstandort, über faire Arbeitsplätze, das Bekenntnis der SPD zur Automesse IAA in Berlin, verteidigte den Mietendeckel.

Keine Geschäfte mit den Rechtspopulisten der AfD

Man konnte spüren, dass er vor den vielen Unternehmern keine Fehler machen wollte. Wirtschaftspolitische Aussagen blieben schwammig. Stattdessen betonte Saleh, dass er am Freitag mit Giffey den ersten gemeinsamen Auftritt bei einer Besichtigung des BMW-Motorradwerks in Spandau haben werde.

IHK-Hauptgeschäftsführer Jan Eder wollte von ihm wissen: „Was wäre, wenn Frau Giffey wegfallen würde. Dann wäre der Weg frei für eine Kandidatur, oder?“ Eine klare Antwort darauf gab Saleh nicht. Er sprach von Giffeys Charme, schwärmte von ihr als „eine, die anpackt“. Und er stellte klar: „Franziska ist die Nummer eins. Sie freut sich auf die Herausforderungen in Berlin.“ Er unterstütze „Franziska in meiner Rolle als Fraktionschef und Landeschef“.

Als Eder wissen wollte, was die Lehren aus Thüringen seien, antwortete Saleh, man dürfe sich „nie wieder von den Rechtspopulisten so aufs Glatteis führen lassen“. Man gehe mit den „Rechtspopulisten der AfD keine Geschäfte ein“. Dafür brauche es einen Grundkonsens der demokratischen Parteien. Und natürlich seien CDU und FDP demokratische Parteien. Mit dieser Aussage hatte Saleh wenigstens seine Worte in dem Zeitungsbeitrag korrigiert.

Zur Startseite