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Berlin: Wieder daheim

Juhnke-Denkmal im Weddinger Kiez enthüllt

„Sehr appetitlich, sehr schmackhaft“, so warb gestern Harald Juhnke in seinem alten Wohnkiez in Wedding für einen „Opernpalais–Teller“, der immer donnerstags in dem gleichnamigen Etablissement Unter den Linden zum Abendprogramm gehöre. So wie Lothar Wolf, der als Harald-Juhnke-Imitator mit seinen Kollegen aus dem Opernpalais kräftig Werbung in eigener Sache machte, bis man in der Fordoner Straße zur eigentlichen Sache kam.

Die verbarg sich bis 10 Uhr unter einer Hülle – das erste Denkmal für Harald Juhnke. Die Schaulustigen, die da am Sonntagvormittag bei strömenden Regen gekommen waren, um „ihren Harald“ in Stein gehauen zu sehen, sahen aber nicht aus, als gehörten sie zur Klientel des Opernpalais. Eher könnte man sich einige der Männer und Frauen in Lederjacken und Anoraks in einer Weddinger Eckkneipe vorstellen, wie sie mit Juhnke fröhlich einen heben.

Der Mann, dessen Initiative der am 1. April in einem Pflegeheim für Demenzkranke verstorbene Entertainer die erste steinerne Würdigung in seiner Heimatstadt verdankt, hebt schon elf Jahre lang keinen mehr. Anders als sein Schulfreund Harald hat es Joachim Brunken geschafft, trocken zu werden – und zu bleiben. Jetzt hilft er anderen – im „Soldiner Kiez- Treff“. Dass Juhnke ihm immer mal einen „Hunni“ zusteckte, wenn er den obdachlosen Brunken zu dessen schlechtesten Zeiten am Ku’damm oder in Wedding traf, hat der 65-Jährige aber nie vergessen. Das Denkmal für seinen Kumpel war ihm eine Herzensangelegenheit, gestern aber kein Anlass, sich sofort vor die Linsen der Fotografen zu drängen. Als – wie bestellt – Punkt 10 Uhr der letzte Regentropfen auf das verhüllte Denkmal fiel, musste dessen Initiator erst mal aus dem Hintergrund gerufen werden. Dort half Brunken gerade, eine kleine Katastrophe abzuwenden – drohten doch die belegten Schrippen des Kiez-Treffs in einer ausgelaufenen Kaffeemaschine zu ertrinken. Dabei sollten sie – kostenlos, wie Brunken laut bekannt gab – als Festschmaus die Denkmalenthüllung verschönern.

Die verlief schnörkellos, wie Wedding eben so ist. Längere Worte fand nur die Schöpferin des Juhnke-Steins. Die Bildhauerin Eike Stielow aus Rheinland-Pfalz hatte von der Denkmalidee im Fernsehen gehört und spontan ihre Mitwirkung angeboten. Weniger, weil sie ein Fan von Juhnke war, mehr, weil sie sich moralisch verpflichtet fühlte, den Mann zu verewigen, dem ein Wirt mit einem gedankenlos ausgeschenkten Schnaps sozusagen den Anfang vom Ende verpasst habe.

Juhnkes Witwe war nicht da – ohnehin keiner aus Juhnkes Familie. Ob ihr der steinerne Harald gefällt, muss also offen bleiben. „Der sieht aus wie der Papst“, sagte gestern eine Besucherin, „das isser doch nicht“, eine andere. Gestört hat das niemanden.

Heidemarie Mazuhn

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