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Berlin: Wieder ein Stück Hamburg in Berlin

Bei Universal freut man sich schon auf die Nachbarschaft. Aber die Hansestadt will Warner Music noch nicht aufgeben. Ein Experte sagt: Die Sache ist gelaufen

Bei Universal Music an der Oberbaumbrücke stellt man sich schon insgeheim auf die Nachbarschaft mit dem Konkurrenten Warner ein. Chef Tim Renner war „freudig überrascht“, als er von Warners Überlegungen hörte, nach Berlin zu ziehen. „Wieder ein Stück Hamburg in Berlin“, sagen Universal-Mitarbeiter. Schon wird zwischen beiden Musikfirmen eifrig telefoniert, viele Angestellte kennen sich aus Hamburger Zeiten.

Richtig froh klingen die Stimmen in Hamburg nicht. In der Zentrale von Warner Music Germany ist der mögliche Umzug nach Berlin am Mittwoch das Hauptgesprächsthema. Wieso, fragen sich die rund 200 Mitarbeiter, ist erst im Sommer 2002 ein neuer Firmensitz direkt am Hafen bezogen worden, an der Oberbaumbrücke? Wieso jetzt ein Umzug nach Berlin? Jeder weiß, dass es auch in Berlin eine Oberbaumbrücke gibt und dass sich in der Nähe Konkurrent Universal Music angesiedelt hat, erst kürzlich aus Hamburg an die Spree gezogen.

Ein Vorbote für den eigenen Umzug? Die Chefs geben sich wortkarg. Bernd Dopp, der Präsident von Warner Music Germany, spricht immer wieder von „Spekulationen“. Dopp legt am Mittwoch eine Erklärung vor, in der zunächst allgemein von den großen Problemen der Musikwirtschaft spricht, vom massenhaften Raubkopieren von Musik-CDs. Von Umsatzeinbrüchen des Gesamtmarktes. Es sei daher, sagt er, unternehmerische Pflicht, die Kosten dem Markt anzupassen. Als logische Konsequenz müsse man „nach einer geeigneten Location suchen“, die dem Kostendruck entgegenwirken. Er sei zuversichtlich, zusammen mit der Stadt Hamburg eine konstruktive Lösung zu finden.

Hier kann der Teil der Belegschaft, der einen Umzug fürchtet, kurz aufatmen. Aber Dopp ist noch nicht am Ende. Da die Wirtschaftlichkeit des Unternehmens höchste Priorität genieße, sagt er, „ist es selbstverständlich, dass wir auch interessante, alternative Angebote, wie sie zum Beispiel aus Berlin vorliegen, gewissenhaft prüfen“.

Für den Berliner Senat, auch unter Abgeordneten der Regierungsfraktionen, ist die Angelegenheit „auf gutem Weg“. Christoph Lang, der Sprecher der Senatswirtschaftsverwaltung, versichert derweil, man habe Warner kein Grundstücksgeschenk in Aussicht gestellt, auch sonst keine unseriösen Angebote gemacht. Die Wirtschaftsförderung verhandele schon seit längerem mit Warner. Berlin habe die Chance, mit EU-Fördermitteln für strukturschwache Gebiete zu fördern, was für den Ostteil der Stadt eine Investitionsförderung bis zu 30 Prozent bedeute. Da gelte für Abfallfirmen, Mozzarella-Produzenten undMusiklabels gleichermaßen, allerdings nicht für Hotels. Eine Ansiedlung sei also vor allem im Ostteil der Stadt lohnend. „Aber wir gackern erst, wenn das Ei gelegt ist“, heißt es in der Wirtschaftsverwaltung.

Nach Ansicht des Berliner Immobilienfachmanns und Büromarktexperten Gottfried Kupsch ist das Ei schon im Berliner Nest. „Ich bin ganz sicher, dass die Unternehmensentscheidung längst gefallen ist und das jetzt nur noch ein bisschen kokettiert wird.“ Ein Unternehmen könne sich eine längere Umzugsdiskussion gar nicht leisten, müsse sie schnell beenden, auch weil die Belegschaft sonst „paralysiert“ sei. Rund um den Speicher von Universal gebe es genügend Platz.

Immerhin wird zwischen Oberbaum- und Michaelbrücke beiderseits der Spree das Medien- und Dienstleistungsviertel „Mediaspree“ geplant, und die alte Heeresbäckerei an der Köpenicker Straße bietet auch noch Platz. Aber Hamburg ist noch nicht aus dem Rennen. Gottfried Kupsch hält die Grundstückssuche von Warner in der Hansestadt für eine „Beruhigungspille.“ Auch Universal habe in Hamburg noch nach Grundstücken gesucht, als die Entscheidung für Berlin schon gefallen sei.

Christian van Lessen

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