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Glanzvolle, Zeiten, ausgelassene Tänze: So soll der Berliner Presseball wieder werden.

© dpa

Wiederaufleben einer Institution: Der Berliner Presseball kehrt zurück

1872 fand er zum ersten Mal statt – am Sonnabend wird beim Berliner 116. Presseball im Maritim Hotel in Tiergarten wieder getanzt und gefeiert.

Eigentlich war er schon totgesagt. Aber in diesem Status lebt es sich bekanntlich länger. Und so wird am zweiten Samstag im Januar der Berliner Presseball wiederbelebt. Der letzte Betreiber, Radiomoderator Andreas Dorfmann, hat nach einigen Flops und großer finanzieller Enttäuschung die Markenrechte vor 14 Monaten an Mario Koss übergeben. Dem ist es nun „eine wohlüberlegte Herzenssache, den ältesten Ball der Welt fortzuführen“. Am 14. Januar soll der 116. Presseball im Maritim Hotel in Tiergarten stattfinden.

Fragt man Koss nach seinen Qualifikationen, ist es gar nicht leicht, eine Berufsbezeichnung aus ihm herauszubekommen. „Kulturmanager“ kommt ihm am plausibelsten vor, zu seinen letzten Einsätzen im Rahmen von Musik-Events gehörte die künstlerische Leitung des „Warsteiner Elementariums“. Außerdem hat er den Berliner Presseball bereits 2009 schon mal organisiert.

Seine eigentliche Qualifikation lässt er sich nicht entlocken: Intime Kenntnisse der Höhen und Tiefen des Lebens. Als Inhaber einer Plattenfirma und Erfinder der Shape-CD, die quasi jede mögliche Form haben kann, hat der 48-Jährige Millionen verdient und auch wieder verloren. Der Abbruch der wissenschaftlichen Beschäftigung mit Sinologie, Publizistik und BWL markierte den Beginn seiner persönlichen Erfolgsgeschichte und ist insofern von Bedeutung. Auch im Sport-Marketing hat er Erfahrung, hat unter anderem für den FC Bayern München und Borussia Dortmund gearbeitet. Bei den Themen PR und Werbung kennt er sich ebenfalls aus.

Den Preis für die Markenrechte verrät Mario Koss nicht

Wie viel er für die Markenrechte am Presseball bezahlt hat, die Andreas Dorfmann 2007 für 50.000 Euro vom Journalistenverband Berlin erworben hatte, will er nicht sagen. Dafür antwortet er schön präzise auf die Frage, ob er gebürtiger Berliner ist: „Ich bin Spandauer.“

Mit 20 Jahren war er zum ersten Mal beim Berliner Presseball und gleich fasziniert. Gerade in Zeiten von bedrohter Meinungsfreiheit in vielen Teilen der Welt will er „den Spirit des Balls“ mit ernsteren Mitteln fortsetzen. Gefeiert wird unter dem Motto „Eine Zeitreise durch die Geschichte – 145 Jahre Presseball Berlin“. Seit der Übernahme ist der Vater von zwei Kindern im Alter von fünf und sieben Jahren tief ins Archiv gestiegen und hat seine Netzwerke aktiviert. So konnte er den Chefredakteur der Satirezeitschrift Charlie Hebdo, Gérard Biard, gewinnen, eine Eröffnungsrede zum Thema Meinungs- und Pressefreiheit zu halten.

Er möchte den Ball wiederbeleben: Multitalent Mario Koss.
Er möchte den Ball wiederbeleben: Multitalent Mario Koss.

© promo

Das ehemals wichtigste gesellschaftliche Ereignis in West-Berlin

Als Ehrengäste erwartet er unter anderem die SPD-Senatoren Andreas Geisel, Matthias Kollatz-Ahnen und Dilek Kolat, Brandenburgs Finanzminister Christian Görke (Linke), Entertainerin Desirée Nick, die frühere Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth (CDU), Neuköllns Bezirksbürgermeisterin Franziska Giffey (SPD), den Chefarzt der Inneren Medizin an der Schlosspark-Klinik, Fritz von Weizsäcker, den Boxer Artur Abraham, Playboy-Veteran Rolf Eden und den Schriftsteller Wladimir Kaminer.

Vor dem Fall der Mauer war der Presseball das wichtigste gesellschaftliche Ereignis in West-Berlin. Lange Jahre wurde der Ball im ICC gefeiert. Da ließen sich Bundespräsidenten blicken, die jeweils Regierenden Bürgermeister und die Stadtkommandanten der Alliierten, auch viele Schauspieler und bekannte Geschäftsleute. Die Gästeliste war ein Symbol, das auf festliche Weise den Durchhaltewillen der Halbstadt manifestierte.

Aussichten auf Gewinn sind relativ gut

Star-Gast soll diesmal der Elektronik-Künstler „Schiller“ sein. Auch den Kinderchor der Deutschen Oper, die SWR-Big-Band, die Rockgruppe Mungo Jerry und die Pianistin Ming hat Koss für sein Debüt als Ball-Veranstalter engagiert. Diesmal sind sogar wieder hochkarätige Sponsoren dabei. „Meine Kinder haben wenig von mir gesehen“, beschreibt er den Arbeitseinsatz der letzten Monate. Nach alter Tradition soll auch wieder eine Charity-Tombola stattfinden mit Preisen im Gesamtwert von mehr als 100.000 Euro. Der Erlös geht an die Initiativen „Reporter ohne Grenzen“ und „Kinder in Gefahr“.

Die Aussichten auf einen Gewinn sind noch ziemlich gut. Bislang wurden rund 1600 Karten verkauft, darunter knapp 1000 Karten für den Ballsaal. Da gäbe es also noch viel Platz für potenzielle Flaneure, beim ADAC-Ball passten schließlich schon mal 4000 Gäste ins Maritim. Mario Koss freilich weiß, dass es „ein Riesenspagat ist, eine Ruine zu überbauen“. Da sei eine Menge verbrannter Erde hinterlassen worden. Aber Koss ist wild entschlossen, das Vertrauen der tanzbegeisterten Berliner wieder zu gewinnen.

Karten ab 250 Euro gibt es über www.presseball.de oder auch unter der Rufnummer 81294216.

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