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Elena Hanke mit ihrer Katze Miko, die sie nach jahrelangem Suchen wieder gefunden hat.

© dpa

Wiedersehen im Tierheim Berlin: Großes Miau nach sieben Jahren Trennung

Beim Tierheim wurden an den Feiertagen drei Hunde, drei Katzen, ein Wellensittich und eine Maus abgegeben - und es gab eine große Überraschung.

Miko streift seinen Kopf am Arm entlang, von oben nach unten und zurück, es sieht aus, als würde er ständig nicken. Der Kopf drückt gegen eine Wolljacke, die Barthaare wackeln, behagliches Schnurren begleitet die Bewegungen. Gleichzeitig schmiegt sich Elena Hanke gegen Miko, ihre Finger haben sich ins Fell gegraben. Für sie muss das Schnurren der weiß-schwarzen Katze klingen wie fröhliche Weihnachtslieder. Ihre Augen, dieser Glanz in ihren Blicken, erzählen die ganze Geschichte.

Acht Tiere sind über Weihnachten im Tierheim Berlin abgegeben worden, fünf weniger als an Weihnachten 2014. Drei Hunde waren dabei, darunter ein Welpe, den Pfleger auf den Namen Nico tauften, drei Katzen, ein Wellensittich, eine weiße Maus in einem Karton. „Die Maus war wahrscheinlich ein Weihnachtsgeschenk“, sagt Ulf Hoffmann vom Tierheim, „dann stellt man fest, eine Maus ist doch nicht das Richtige, zack, in einen Karton, raus vor die Tür.“ Ein trauriges Schicksal, so traurig wie jenes von Nico, dem Welpen, der in Reinickendorf hilflos gefunden wurde.

Aber keine Geschichte bewegt Mitarbeiter des Tierheims so sehr wie die von Miko, der acht Jahre alten Katze, die auf dem Behandlungstisch der Tierärztin des Heims so behaglich schnurrt und die von Elena Hanke gehalten wird, als wären die Finger am Fell festgeklebt. Miko war eine der drei Katzen, die im Tierheim landeten. Sie hat einen Chip mit einer Kennnummer im Nacken, die Nummer führte zum Besitzer.

Elena Hanke ist jetzt 18 Jahre alt. Als sie Plakate mit einem Foto von Miko und dem Wort „Vermisst“ an Bäume pinnte, war sie elf. Sieben Jahre lang hatten sie und ihre Familie nach der Katze gesucht, sieben Jahre lang hatten sie keine Ahnung, wo sie geblieben war, sie wussten nicht, ob das Tier noch lebte, ob es krank war, ob es ihm gut ging. Sie wussten nur, dass Miko eines Abends nicht mehr auf dem Spielplatz in der Nähe des Klausenerplatzes in Charlottenburg war, auf dem sie Norbert Gobers, der Vater von Elena Hanke und ihrer Schwester Jennifer Nele, jeden Abend wieder einsammelte. „Sie ist ein Freiläufer“, sagt Gobers in den Praxisräumen des Tierheims, „sie ist tagsüber rumgestreift, und abends habe ich sie geholt.“ Oder Miko ist allein durch eine Klappe in die Parterrewohnung stolziert.

Hilflos auf der Straße. Der Welpe Nico ist in Reinickendorf entdeckt worden.
Hilflos auf der Straße. Der Welpe Nico ist in Reinickendorf entdeckt worden.

© dpa

So einen Fall gab es schon lange nicht mehr

Gobers hat einen Fotoapparat mitgebracht, er möchte die historische Szene festhalten. Seine Töchter im Moment des großen Wiedersehens. Jennifer Nele Hanke lehnt sich eng an ihre Schwester, auch sie streichelt die Katze, die beiden haben eine Box mitgebracht, in der sie das Tier nach Hause transportieren. Ob Miko ihre Besitzer wiedererkennt, ist schwer zu sagen. Aber Elena Hanke erkennt sofort ein Geräusch wieder. „Sie schnurrt wie damals.“ Für sie ist es ein einzigartiges Schnurren, unverwechselbar. Und Beate Kaminski, langjährige Mitarbeiterin des Heims, sagt: „Seit ich hier arbeite, gab es keinen Fall, in dem nach so langer Zeit ein Besitzer gefunden wurde.“ Als der Anruf aus dem Tierheim kam, als Elena Hanke gerade beim Frühstück saß, da, sagt sie, „konnte ich es erst mal noch nicht richtig begreifen. Es war alles so irreal.“ Das Tierheim teilte ihr mit, Miko sei am ersten Weihnachtstag auf einer Polizeiwache in Kreuzberg abgegeben worden, aber die Worte flossen an der 18-Jährigen vorbei. „Ich konnte kaum fragen, ich habe es einfach nicht geglaubt.“ Später betrachtete sie Fotos mit Miko. Auch ihre Schwester und ihr Vater hatten Mühe, die Situation zu erfassen.

Sie hatten Miko als Kätzchen, ein paar Wochen alt und krank, aus Polen nach Berlin gebracht. Gebracht? „Geschmuggelt“, sagt der Vater. „Wir mussten sie einfach retten“, sagt die Tochter Elena. Aber dann war Miko weg, die Familie suchte wochenlang. Vergeblich. Die Töchter trösteten sich mit ihren Wellensittichen und mit Lion. Lion war ein Kater, schon älter, sie hatten ihn seit 2009, seit Nachbarn weggezogen waren und ihren Kater nicht mitnehmen konnten. Also wurde er Mitglied im Haus von Norbert Gobers und seiner Familie. Als Lion starb, war Miko seit sechs Jahren verschwunden.

Wo Miko die ganze Zeit verbracht hat, weiß niemand. Er hat leichte Atemprobleme, und die Tierärztin sagt: „Er ist ein bisschen dünn“, aber ansonsten wirkt das Tier gesund. „Die nächsten Tage wird er umsorgt“, sagte Elena Hanke. „Wahrscheinlich lassen wir ihn da nicht raus.“ Ein Form von Selbstschutz, auf die nächste Suchaktion hat die Familie keine Lust, sieben Jahre Ungewissheit reichen.

In einer Box der Sammelstelle des Heims sitzt eine braun-weiße Katze und blickt mit großen Augen misstrauisch durch die Käfigstäbe. Sie ist eine der Katzen, die Weihnachten abgegeben wurden. Ihren Besitzern bleibt eine jahrelange Leidensgeschichte erspart. Die Katze ist am ersten Weihnachtstag verschwunden, ihre Besitzer hat das Tierheim bereits informiert.

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