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160 Teilnehmer aus aller Welt diskutieren am Wochenende im Tagesspiegel-Gebäude, wie sie die Wikimedia besser organisieren können.

© Thilo Rückeis

Wikimedia Conference in Berlin: Immer online, aber heute auch face-to-face

Wikipedia organisiert Wissen im Netz. Doch ganz ohne persönliche Begegnung funktioniert das nicht. Deshalb treffen sich 160 Macher der Online-Enzyklopädie an diesem Wochenende beim Tagesspiegel in Berlin

Vor aufgeklappten Notebooks sitzen rund zwei Dutzend motivierte Männer und Frauen, viele tippen auf Smartphones mit übergroßem Display. Sie kommen aus Tunesien, Aserbaidschan, Venezuela, Polen, Südafrika oder den USA. Die "Wikimedia Conference 2015", die von Freitag bis Sonntag in Berlin stattfindet, bildet ein Wochenende lang die Schnittstelle des globalen Wissenstransfers. Das Motto könnte sein: immer online, aber heute auch face-to-face.

Vor den Teilnehmern der Konferenz stehen Ali Haidar Khan und Delphine Ménard, beide Mitarbeiter der Wikimedia Foundation. Sie geben in der "Newcomer Session" Neulingen der weltweiten Organisation einen Überblick über die Geschichte und Struktur der Stiftung. Diese wurde 2003 in den USA gegründet, zwei Jahre nachdem die Wikipedia, das bekannteste Projekt der Stiftung, online ging. Als fünftmeistbesuchte Seite des Web ist Wikipedia permanent auf Spenden angewiesen – schon alleine, um die Software weiterzuentwickeln und die Server zu bezahlen. Deswegen ist ein wichtiges Thema auch das Fundraising und die Verteilung der Mittel, wie die Kuratorin der Konferenz, Nicole Ebber, sagt.

Außerdem gilt es an diesem Wochenende die jeweiligen Zuständigkeiten auszutarieren: "Die Rollen der verschiedenen Unterorganisationen sind teilweise unklar", sagt Ebber. Bereits im vergangenen Jahr hatte sie eine Landkarte der verschiedenen weltweiten Organe der Wikimedia vorgestellt, um zu erhellen, wie diese sich zueinander verhalten und welche Aufgaben sie jeweils übernehmen. "Die Fragen konnten aber bisher nicht geklärt werden. Deswegen stehen sie auch in diesem Jahr wieder auf der Agenda", sagt Ebber.

70 Unterorganisationen zählt die Wikimedia Foundation insgesamt. 41 von ihnen machen die jeweiligen Länderorganisationen der Wikimedia aus, die sogenannten "Chapter". Hinzu kommen Nutzergruppen und thematische Organisationen, die eine Art Stammtisch zu spezifischen Themenfeldern bilden. Zu ihren Aufgaben gehört es etwa, Archive oder Museen davon zu überzeugen, ihre digitalisierten Werke unter freie Lizenz zu stellen.

In Deutschland gibt es seit 2004 eine Wikimedia-Organisation

"Auf der Konferenz sind mindestens 60 Länder repräsentiert", sagt Cornelius Kibelka von Wikimedia Deutschland. 160 Teilnehmer empfängt die deutsche Vertretung der Stiftung dieses Jahr in Berlin, in den Konferenzräumen des Tagesspiegels. Die Veranstaltung tagt bereits zum sechsten Mal in der Hauptstadt. Der logistischen Einfachheit halber soll es auch die nächsten beiden Jahre so bleiben: "Viele Teilnehmer mögen die Stadt. Und da ein Großteil aus Europa anreist, bleibt der logistische Aufwand wegen der zentralen Lage Berlins verhältnismäßig gering", sagt Kibelka.

Noch etwas spricht übrigens für die Ausrichtung in Deutschland: Die deutsche Repräsentanz der Stiftung ist bereits 2004, kurz nach der Gründung der Wikimedia Foundation, entstanden. Damit ist Wikimedia Deutschland die größte und älteste der Länderorganisationen.

Wikisource, Wikicommons, Wikibooks, Wikinews - ziemlich verwirrend

In der "Newcomer Session" tragen die Teilnehmer derweil Fragen und Problemfelder zu den Strukturen der Wikimedia zusammen. Der junge Ghanaer Felix Nartey meldet sich und weist darauf hin, dass Ansprechpartner und Zuständigkeiten bei den verschiedenen Wikimedia-Angeboten, zu denen auch Wikisource, Wikicommons, Wikibooks oder Wikinews zählen, nicht transparent genug seien.

Nartey ist zum ersten Mal bei der Konferenz dabei. Als Community Manager arbeitet er in der ghanaischen Länderorganisation der Wikimedia. Diese ist erst im vergangenen Jahr gegründet worden – da gibt es viele Startfragen zu besprechen. Ein wichtiges Anliegen ist es Nartey, die ghanaische Kultur über das Web mit der Welt zu teilen. So ediert er in der Wikipedia etwa biografische Artikel über bedeutende Ghanaer.

Autoren sollen auf dem Smartphone leichter arbeiten können

Eine globale Aufgabe, der sich die zentrale Wikimedia Foundation derzeit stellt, ist die Umstellung vom Computer zur mobilen Bearbeitung von Wikimedia-Inhalten auf dem Smartphone. Auf den kleinen Displays gilt es die gleiche Übersichtlichkeit wie auf dem Computer-Desktop herzustellen - nicht nur für Nutzer der Seiten, sondern eben auch für die Autoren.

Am Samstag erwarten die Konferenzteilnehmer Besuch von der Geschäftsführerin der Wikimedia Foundation, Lila Tretikov. Sie sollte eigentlich den besten Überblick über die ganze Wikiwelt haben. Allerdings ist sie erst seit einem Jahr im Amt.

Jana Scholz

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