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Die Deutsche Oper Berlin veranstaltet in den Wilmersdorfer Arkaden einen Fundusverkauf aus abgelaufenen Opernproduktionen.

© Kai-Uwe Heinrich

Wilmersdorfer Arcaden: Alles muss raus: Die Deutsche Oper verkauft Kostüme aus ihrem Fundus

Die Deutsche Oper macht wieder Platz in ihrem Fundus: 400 Kleider und Accessoires werden ab diesem Donnerstag in Charlottenburg verkauft.

Die Weihnachtsbeleuchtung hängt nicht mehr in den Wilmersdorfer Arcaden. Dafür baumeln glänzende Ritterrüstungen von der Decke des Einkaufszentrums, zwischen den Gängen stehen Puppen auf hohen Podesten. Sie tragen aufwendige Roben aus edlen Stoffen, goldene Anzüge, ausgefallene, barocke Kleider und venezianische Masken. Dabei handelt es sich nicht um besonders schicke Faschingskostüme, sondern um echte Theaterkostüme aus der Deutschen Oper. Die stellt hier einige ihrer schönsten Stücke aus. Außerdem sollen ab dem heutigen Donnerstag bis Sonnabend 400 Kleider und Accessoires aus dem Kostümfundus verkauft werden.

Der Verkauf findet auf einer Ladenfläche im Untergeschoss der Arcaden statt. Am Tag vor dem Start versteckt sich der außergewöhnliche Pop-up-Store noch hinter einem unscheinbaren Sichtschutz. Noch campiert niemand vor den Türen – Theaterkostüme scheinen nicht ganz so beliebt zu sein wie BVG-Sneaker. Trotzdem: Folker Ansorge, Leiter des Opernfundus’, rechnet mit einem großen Andrang. Beim letzten Fundusverkauf, der nur einen Tag ging, seien vor einem Jahr Jahren mehr als 3000 Leute gekommen. Auf Facebook interessieren sich dieses Mal immerhin schon 12.000 Menschen für die Veranstaltung.

Das Shoppingcenter hat sogar extra Sicherheitspersonal beauftragt, damit das Anstellen und Anprobieren friedlich abläuft. In der Vergangenheit sei es oft zu Auseinandersetzungen zwischen den Kunden gekommen – immerhin sind die meisten Kleider Einzelstücke. Damit nicht am ersten Tag schon die besten Stücke weggekauft werden, legt Ansorge einen Teil der Kleider zurück. „Die Leute, die erst am Sonnabend kommen, sollen ja nicht leer ausgehen.“

Schwarze Samtroben und Ballkleider

Am Mittwoch befinden sich aber die meisten Kostüme noch auf der kleinen Verkaufsfläche. Da stehen Dutzende Kleiderstangen, vollbeladen mit Tüll, Samt und Satin, geordnet nach Anlass und Farben. Hier die pastellfarbenen Ballkleider, da die schwarzen Samtroben, dort die Jacketts und Fräcke. In die Kleider eingenäht sind Etiketten mit Nummerierungen. Die werden auf einer Liste geführt, sodass für jedes Kleidungsstück seit 1960 nachempfunden werden kann, zu welcher Oper und zu welchem Träger es ursprünglich gehörte. Kleidergrößen gibt es nicht, man muss die Sachen schon anprobieren – am besten mithilfe einer Begleitung, denn die Kleider werden meist hinten geschlossen. Neben Umkleidekabinen und großen Spiegeln gibt es im Laden einen kleinen Laufsteg für die sachgerechte Präsentation.

Die Preise liegen zwischen fünf Euro für einen Hut und 450 Euro für Siegfrieds Mantel aus Richard Wagners „Ring des Nibelungen“. Da gerät Ansorge ins Schwärmen: „Ein echtes Sammlerstück aus der Inszenierung von Götz Friedrich.“ Manchmal finde er solche Kostüme später auf Ebay wieder, für mehr Geld versteht sich.

Die Einzelstücke haben ihren Preis

Die Preise im Fundusverkauf richten sich nach Art, Zustand und Arbeitsaufwand für die Herstellung der Stücke. Einige Jacken sind schon ab 15 Euro zu haben, sie sind aber sichtbar abgenutzt und wurden nicht gereinigt. Solche Teile würden meist von kleinen Theatergruppen gekauft, sagt Ansorge. Andere Kleider sind kaum getragen und wurden gereinigt, man könnte sie durchaus zu einem Maskenball oder Ähnlichem anziehen. Die Einzelstücke haben aber ihren Preis: zwischen 150 und 350 Euro kostet so ein Kleid. Und dann sind da noch die ganz ausgefallenen Sachen, wie das „Liliputanerkostüm“ aus „Martha“, ein lustigerweise riesiger Fatsuit.

Am beliebtesten seien Hüte, Tutus und Ballkleider, erzählt der Fundusleiter. Schmuck gibt es nicht zu kaufen. Der Bühnenschmuck ist noch viel mehr als die Kleider für eine große Entfernung zwischen Betrachter und Träger konzipiert: Was auf der Bühne wie ein funkelndes Diamantencollier aussieht, ist bei näherer Betrachtung nur mit Glassteinen beklebte Silberfolie. Trotz des großen Andrangs werde in der Regel nicht alles verkauft, circa ein Viertel der Sachen sei in der Vergangenheit übrig geblieben.

Gar nicht erst zum Verkauf stehen die ganz besonderen Solistenstücke, wie das gelbe Federkleid einer Hofdame aus „Andrea Chenier“. Die werden für Ausstellungen aufbewahrt. In den Verkauf kommen die Sachen vor allem wegen ihres Alters. Und um Platz zu schaffen – jedes Jahr kommen 400 bis 500 neue Kostüme in den Fundus, schätzt Ansorge. Deshalb tue es ihm auch nur ganz kurz weh, sich von den Sachen zu trennen.

Von dem Wasserschaden, den an Heiligabend eine Sprinkleranlage im Gebäude der Oper verursachte, blieben die Kleider zum Glück verschont. Wenn sich heute die Türen zum Fundusverkauf öffnen, müssen sie nur noch den Enthusiasmus der kauffreudigen Sammler, Ebay-Verkäufer und Opernfans überstehen.

Wilmersdorfer Straße 46, bis Sonnabend, täglich 10 bis 20 Uhr.

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