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Die Berliner Behörden haben allerhand Probleme mit ihrer IT.

© Kitty Kleist-Heinrich

Windows-Panne in Berliner Verwaltung: 30.000 Behörden-PCs mit falschem Upgrade versehen

Ein Drittel aller Behördenrechner müssen neu auf Windows 10 umgestellt werden. Das hat beachtliche Mehrkosten zur Folge.

Die Liste der Pannen bei der Umstellung von rund 80.000 Berliner Behördenrechnern auf das Betriebssystem Windows 10 wird immer länger. Schon vor Wochen war die Einhaltung des Zeitplans für die Upgrades für unrealistisch erklärt worden, auf den Landeshaushalt kommen deshalb Mehrkosten in sechs- bis siebenstelliger Höhe zu.

Nun räumte IT-Staatssekretärin Sabine Smentek (SPD) am Donnerstag den nächsten Fehler ein. Smentek zufolge sind auf rund 30.000 Rechnern mehrerer Verwaltungen fehlerhafte, weil nicht mehr den aktuellsten Datenschutzstandards entsprechende Windows-Upgrades installiert worden.

Eine genaue Zahl könne sie derzeit aber nicht nennen, sagte Smentek dem Tagesspiegel. Zum Vergleich: Aktuell sind rund zwei Drittel und damit etwa 60.000 Behörden-Rechner auf Windows 10 umgestellt. Bei 30.000 fehlerhaften, weil aus Datenschutz-Perspektive veralteten Upgrades, wäre jeder zweite bislang umgestellte Rechner betroffen.

Für die Verwaltungen bedeutet das: Sie müssen die ohnehin bis kurz vor den Ablauf der Frist des Windows 7-Supports am 14. Januar vor sich her geschobene Umstellung auf Windows 10 von vorn beginnen. Im Lauf des kommenden Jahres solle diese erneute Umstellung abgeschlossen sein, erklärte Smentek. Auf Nachfrage räumte sie ein, früher sei mit der Umsetzung dieser Aufgabe ohnehin nicht zu rechnen.

Zu konkreten Gefahren durch die Verwendung der vom Bundesamt für Informationssicherheit (BSI) als nicht mehr vertrauenswürdig eingestuften Upgrades äußerte sich die Staatssekretärin nicht. Smentek erklärte lediglich, die betroffenen Behörden seien bei einer internen Sitzung in der vergangenen Woche über die fehlerhaften Upgrades aufgeklärt worden.

Datenschützer warnen ohnehin vor Windows 10

Tatsächlich hatte das BSI zuletzt vor der Nutzung von Windows 10 in öffentlichen Verwaltungen gewarnt. Datenschützer schlossen sich dem an und kritisierten, dass der Windows-Hersteller Microsoft sogenannte Telemetriedaten – also Daten über den Computer und dessen Nutzung – ohne Kenntnis der Nutzer sammelt. Sie forderten, es müssten „technische Maßnahmen zur Verhinderung einer unbefugten Übermittlung zum Einsatz kommen“.

Unklar ist, welche Berliner Behörden konkret von der Panne betroffen sind. Neben Rechnern der Bezirks- und Landesämter wurden zuletzt auch die Computer in Senatsverwaltungen und Behörden wie der Polizei mit Upgrades ausgestattet. Smentek wollte keine Angaben dazu machen, ob auch höchst sensible Systeme von Sicherheitsbehörden und der Justiz betroffen sind.

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Aus dem IT-Dienstleistungszentrum (ITDZ) wiederum hieß es, die von der Behörde betreuten Einrichtungen seien ausschließlich mit BSI-zertifizierten Upgrades ausgestattet worden. Aktuell betreut das ITDZ genau 10.200 PC-Arbeitsplätze in Berlin. Damit bleiben mehr als 70.000 Rechner übrig, allein die Polizei verfügt über knapp 20.000 Rechner.

Dirk Stettner, der auf die neuerliche Panne aufmerksam gemacht hat, kündigte an, den Fall am kommenden Montag im Ausschuss für Kommunikationstechnik und Datenschutz des Abgeordnetenhauses ansprechen zu wollen. Dort wird auch Smentek den Abgeordneten Rede und Antwort stehen müssen.

Bei der Polizei sind beim Upgrade wichtige Ermittlungsdaten verlorengegangen

Die Verzögerung bei der Umstellung auf Windows 10 könnte Smentek zufolge zu Mehrkosten von bis zu einer Million Euro führen. Der Grund: Die Innenverwaltung hat mit Microsoft für alle nicht rechtzeitig umgestellten Rechner eine Support-Verlängerung bis Ende 2020 vereinbart. Zuletzt sorgten mehrere Zwischenfälle im Zusammenhang mit der Umstellung auf Windows 10 für Schlagzeilen.

Im Bezirk Tempelhof-Schöneberg mussten die 55 Mitglieder der Bezirksverordnetenversammlung Ende November auf die Auszahlung ihrer Aufwandsentschädigung verzichten. Ursache waren „technische Schwierigkeiten bei der Übertragung der Buchungsinformationen durch die Migration auf Windows 10“.

Und auch Beamte der Berliner Polizei meldeten Fehler beim Upgrade auf Windows 10. IT-Mitarbeiter löschten Daten und Auswertungen von Beamten zu Ermittlungen gegen Intensivtäter sowie zu Betrugs- und Raubfällen. Betroffen waren Beamte der Kriminalpolizei in der Direktion 2. Die auf lokalen Festplatten gespeicherten Daten von unzähligen Beamten sind nun unwiederbringlich verloren.

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