zum Hauptinhalt

Berlin: Wir geh’n mit dir, wohin du willst

Vor 20 Jahren war es soweit. Da schaffte Nena aus dem westfälischen Hagen den Durchbruch mit „Nur geträumt“. Ihre Oldies sind immer noch Hits, im SO 36, zu Hause bei Berliner Promis oder beim Jubiläumskonzert im Velodrom

Wie macht sie das nur? Gut 20 Jahre ist es her, dass Nena mit „Nur geträumt“ der Durchbruch gelang. Die vierfache Mutter wirkt noch genauso frisch wie damals, als sie in Leggings, Schweißbändern und Stulpenstiefeln zum deutschen Superstar der 80er aufstieg. Auch die Lieder der 43Jährigen sind unverändert populär. Den Anti-Kriegs-Song „99 Luftballons“, der sogar in England und den USA zum Hit wurde, singen inzwischen die Kinder der Fans von damals auswendig mit. So dürfte das Velodrom heute Abend ab 20 Uhr zur Generationen übergreifenden Pilgerstätte werden: Begleitet von Musikerfreunden wie Udo Lindenberg, Jasmin Tabatabai oder Ben feiert Nena dort ihr Bühnenjubiläum mit einem – ausverkauften – Konzert. Wir haben einige Berliner nach ihren Erlebnissen mit Nena gefragt.

Die Begeisterung für Nenas Musik ist bei Familie Preetz vererbt: Vor 20 Jahren tanzte der heutige Hertha-Kapitän zu diesen Liedern auf Schülerpartys und im Skiurlaub – und heute hört seine sechsjährige Tochter Alica dieselben Lieder. „Meine Frau hat ihr neulich die letzte CD mit den Neuaufnahmen der alten Lieder gekauft“, erzählt Michael Preetz. „Seitdem singt Alica jedes Lied mit.“ Als Teenager ist Preetz, Jahrgang 1967, mal zu einem Nena-Konzert gegangen. „Die spielte damals in Düsseldorf mit den anderen Bands der Neuen Deutschen Welle wie Relax, Hubert Kah und Markus – das war schon toll“, erinnert sich der Stürmer. Was aus seiner Nena-Platte geworden ist, die er sich damals gekauft hat, weiß er aber nicht mehr: „Dies ist wohl bei einem der vielen Umzüge verloren gegangen.“ lvt

Für Monique Berger gehört Nena selbstredend jedes Mal dazu, wenn sie in ihrem „Cafe Fatal“ (immer sonntags im SO36) Platten auflegt: „Nena läuft bei uns seit dem ersten Mal – es gibt keinen Abend ohne.“ Damit ist das Café Fatal (die Standardtanz- und Hitparaden-Party vor allem für Lesben und Schwule) , das in diesem Jahr neun Jahre alt wird, Vorreiter. „Ohne Nena ist das Fatal undenkbar.“ Wenn Monique „Irgendwie, irgendwo, irgendwann“ (ihren Lieblingshit) auflegt, dann schiebt sie beim Refrain die Regler runter, „…und dann singen 500 Leute lauthals mit. Das ist Wahnsinn.“ Während sie das erzählt, überschlägt sich ihre Stimme fast. Sie ist Fan, das hört man. „Nena ist meine Jugendheldin, absolut“, erklärt sie, „angefangen bei den ersten Küssen, die große Liebe – Nena war immer dabei.“ Eigentlich würde sie deshalb heute auch lieber zum Konzert gehen. Aber Monique feiert in ihrem Café Fatal Geburtstag (sie wird 35). Da muss sie natürlich dabei sein, ihre Lieblingsstücke auflegen und weiter träumen, von der Erfüllung ihres größten Wunsches: „Ein Mal, nur ein Mal möchte ich, dass Nena bei uns einen Song live singt.“ oew

Michael Müller hat alle alten Platten von Nena. Aber er legt sie nicht mehr auf. „Früher habe ich die gerne gehört, aber heute hat die Musik keine Bedeutung mehr für mich“, sagt der Fraktionschef der SPD im Abgeordnetenhaus. Auch von der neuen Nena-CD ist der 38-Jährige enttäuscht: „Das ist doch nur ein Aufguss der alten Sachen.“ Zu „99 Luftballons“ hat Müller vor 20 Jahren auf den Partys getanzt, wie auch zu den Songs der anderen Neue-Deutsche-Welle Helden wie Marcus, DAF oder Trio. Das war auch der Soundtrack zur Klassenfahrt nach Tübingen, erinnert sich Müller. Wenn er heute statt CD nochmal zu seinen alten Platten greift, dann eher zu Sachen, die er ein paar Jahre nach der Neuen Deutschen Welle gekauft hat: Schwarze Soulmusik von Marvin Gaye und Luther Vandross zum Beispiel.lvt

Eigentlich war Tempodrom-Gründerin Irene Moessinger in den frühen 80ern eher ein Nina-Hagen-Fan. Nena war ihr zu brav. Dass sie die Sängerin aus Hagen trotzdem toll fand, lag an Moessingers Tochter Katharina, Jahrgang 1974. Die war von Anfang an Fan. Und sammelte mit ihrer eigenen Interpretation von „99 Luftballons“ ihre ersten Bühnenerfahrung. „Wir sind mit einem Kinderzirkusprogramm durch ganz Europa getourt“, erinnert sich die 53-jährige Moessinger. „Meine Tochter hat eine Akrobatiknummer aufgeführt und dann mit der Band eine Punk-Version von ,99 Luftballons’ gesungen.“ Den wohl allerersten Auftritt absolvierte Nena übrigens in Moessingers Veranstaltungszelt. Am 3. Oktober1980 spielte sie mit ihrer damaligen Band „Stripes“ und mit Extrabreit auf einem Jugendfestival im Tempodrom. „500 Leute sahen zu. Das war nicht viel. Aber der Jubel hinterher war groß.“ lvt

„Nena – das ist meine Jugend- und Abiturzeit“, sagt Frank Steffel. Wenn der CDU-Fraktionschef im Abgeordnetenhaus Nena heute hört und sieht, denkt er: „Sie ist jung geblieben und wir sind trotzdem zusammen älter geworden.“ 1983 war Steffel als Austauschschüler für sieben Wochen in den USA. „Während dieser Zeit lief Nena auch in den Charts in Amerika rauf und runter“, erinnert sich der heute 37-Jährige. „Jeden Tag hörte ich mit Freunden ,99 Luftballons’.“ Dieses Lied in Amerika bedeutete für ihn „in der Ferne gleichzeitig Heimat- und Lebensgefühl“, sagt Steffel. „Ich werde die sonnigen Stunden und die Sehnsucht nach den ’99 Luftballons’ am blauen Himmel über Amerika nie vergessen.“ lvt

Anfangs hielt Desirée Nick gar nichts von Nenas Musik: „Als ,99 Luftballons’ im Radio lief, interessierte ich mich nur für Klassik“, erzählt die Schauspielerin. Anfang der 80er war sie Balletttänzerin an der Deutschen Oper. „Was nicht Tschaikowsky war, interessierte mich nicht. Und Nena stand für Sex und Drugs und Rock’n’Roll.“ Heute findet Desirée Nick Nena großartig: „Wie sie ihre Karriere gesteuert hat, wie sie jung und lässig und sich immer treu geblieben ist – da können sich alle gelifteten Society-Schicksen eine Scheibe abschneiden“, sagt Nick, die derzeit in „Damen der Gesellschaft“ im Gorki-Theater spielt. Inzwischen hat Desirée Nick jede Nena-CD, hört die Songs immer wieder. Am tollsten findet sie, die nach eigenen Angaben 39 Jahre alt „war, ist und bleibt“, wie frisch Nena aussieht: „Jünger als jede operierte Kollagen-Tante“.lvt

„Das war die Musik, zu der wir getanzt, geknutscht und Cola Rum getrunken haben“, erzählt Martin Lindner. Der FDP-Fraktionschef im Abgeordnetenhaus hatte damals gerade das Abi in der Tasche, als Nena plötzlich überall lief. „Das war eine sehr lustige Zeit“, erinnert sich Lindner. Seine Favoriten, Nenas Duett mit Markus „Kleine Taschenlampe“ und „Irgendwie, Irgendwo, Irgendwann“, liefen dauernd in Lindners improvisiertem Autoradio, einem Rekorder, der auf der Ablage seines alten VW-Käfers lag. Nach knapp 20 Jahren Pause wird Lindner wieder mit den Songs von damals beschallt: „Meine Söhne Moritz und Leopold lieben ,99 Luftballons’ und können jedes Wort mitsingen.“ lvt

„Nena ist die einzige deutsche Sängerin, von der ich alle Songtexte auswendig kann“, sagt Moderatorin Kim Fisher , auch die Neu-Aufnahmen der alten Songs findet sie toll. Doch an einen Song hat sie ganz besondere Erinnerungen: ,Kleine Taschenlampe’, Nenas Duett mit Markus, wurde ihr einst von einer Jugendliebe abends am See vorgesungen. „Das war sehr romantisch!“ ana

-

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false