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Berlin: „Wir haben eine andere Kultur“

Nachbarn ziehen gegen afrikanischen Laden vor Gericht: Sie fühlen sich durch Fisch-Geruch belästigt

Thomas Maier stinkt’s. Trockenfisch. „Ein Geruch wie von altem, vergammelten Fisch, der einem in der Nase sticht“, schildert der 42-jährige Neuköllner. Der Geruch ströme aus dem „Tropical Food Express“ – einem afrikanischen Lebensmittel-Laden – direkt unter seiner Wohnung in der Selchower Straße. Hinzu komme der „extreme Lärm“, den die vielen Kunden des Ladens verbreiteten, die sich dort „zum Saufen treffen“. Maier sagt, der Lärm störe beim Arbeiten. Das Büro seiner Software-Firma befindet sich in seiner Neuköllner Wohnung.

Die afrikanische Mieterin des „Tropical Food Express“, Margaret Opambour-Adjei aus Ghana, kann Maiers Probleme nicht verstehen. „Was ist denn, wenn ich im Kaufhaus in die Parfümerie- oder Lebensmittelabteilung gehe? Dort riecht es doch auch.“ Wie wolle Maier bestimmen, ob etwas stinkt oder nicht? Ihr beispielsweise werde schlecht, wenn ihr der Geruch von gekochtem Blumenkohl in die Nase weht. „Wir haben eine andere Kultur. Wir sprechen lauter“, schimpft die Afrikanerin. Solle Thomas Maier doch in ein ruhiges Haus im Grünen ziehen. Der Besitzer des Ladens, Hermann Jansen, will sich vor dem Gerichtstermin nicht zu dem Streit äußern.

Am 7. September wird die Angelegenheit in zweiter Instanz vor dem Landgericht verhandelt. Bereits vor über zwei Jahren hatte Maier sich entschlossen, gegen den Besitzer des Ladens zu klagen. In erster Instanz vor dem Amtsgericht musste Maier eine Niederlage einstecken. Der Richter habe mehr oder weniger auf „andere Länder, andere Sitten“ verwiesen und gemeint, dass dies „zum Flair in Neukölln“ gehöre, sagt Maier.

Doch Maier ist nicht allein. Vor Gericht werden Zeugen gehört, zum Beispiel die beiden Inhaber des Cafés „Xenzi“, gleich neben dem „Tropical Food Express“: „Weil es gerade im Sommer so aus dem Laden nebenan stinkt, wollen viele Gäste nicht mehr bei uns draußen sitzen. So verlieren wir Kunden“, sagt Thammai Tubthep. Die Gastwirte werden schriftlich – ebenso wie rund zehn andere Mieter im Haus – bezeugen, dass der Laden nicht um 20 Uhr schließt, sondern bis in die Nacht Afrikaner lärmend ein- und ausgingen.

Maier sagt, wenn er die Polizei gerufen habe, „konnten die nicht viel machen: Die Beamten reden mit denen und fahren wieder weg. Ansonsten verweisen sie auf das Ordnungsamt, das eigentlich zuständig ist“. Ein Sachbearbeiter des zuständigen Polizeiabschnitts 55 sagte dem Tagesspiegel, dass „im Zweifelsfall eine Raubtat eben wichtiger ist als eine Lärmbelästigung.“ Und gerade in Neukölln hätten die Beamten rund um die Uhr zu tun.

Auf eine Dienstaufsichtsbeschwerde von Maier gegen das Wirtschafts- und Veterinäramt reagierte ein Sachbearbeiter in einem Brief: „Bei einer allgemeinen Kontrollaktion durch Mitarbeiter meiner Dienststelle im Oktober 2001 wurde der Betrieb überprüft. Er war gegen 20.45 Uhr geschlossen. (...) Im Ergebnis ist somit festzustellen, dass die Bearbeitung des Verfahrens nicht zu beanstanden ist.“

Egal, was vor Gericht herauskommt, Maier will nicht aufgeben. „Ich möchte einfach meine Ruhe.“ Ein Rassist sei er deswegen noch lange nicht. Dies, sagt er, habe er sich auch schon anhören müssen.

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