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Zurück in die Zukunft. Klaus Wowereit isst bereit für seinen eigenen Neustart.

© dpa

Wird Klaus Wowereit wieder BER-Aufsichtsratschef?: Der Einzige, der übrig bleibt

Nach dem Ausschlussprinzip blieb Klaus Wowereit übrig. Und so könnte Berlins Regierender Bürgermeister wieder an die Spitze des BER-Aufsichtsrats zurückkehren. Ist er der Richtige? Und warum macht es kein anderer?

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Fassungslos werden sich viele Bürger an den Kopf greifen, sollte der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) wieder zum Vorsitzenden des BER-Aufsichtsrats gewählt werden. Wenn auch nicht mehr auf der Sitzung am 13. Dezember, sondern wohl erst Anfang nächsten Jahres. Aber es scheint, als wollten die öffentlichen Eigentümer – Berlin, Brandenburg und der Bund – den Gescheiterten zum Retter erheben wollen. Für die Personalie gibt es aber vielerlei Gründe. Ein Überblick:

Ist Klaus Wowereit der Richtige?

Er ist der Einzige, der nach dem Rückzug des brandenburgischen Ministerpräsidenten Matthias Platzeck (SPD) von allen Ämtern, einschließlich des Aufsichtsratsvorsitzes der Flughafengesellschaft, nach dreimonatiger Suche übrig blieb. Weil Platzecks Nachfolger Dietmar Woidke (SPD) sofort ausschloss, den Job zu übernehmen, wurde intensiv nach einem externen Fachmann (oder einer Fachfrau) gesucht. Parteiübergreifend waren sich die drei Gesellschafter einig, dass dies die beste Lösung wäre. Aber es fand sich niemand. Nach dem Ausschlussprinzip blieb Berlins Regierender Bürgermeister übrig.

Warum will Brandenburg nicht?

Als Woidke schon vor Amtsantritt im August 2013 signalisierte, dass er dem Kontrollgremium nicht mal als einfaches Mitglied angehören wolle, zeigte Amtskollege und Parteifreund Wowereit wenig Verständnis. „Wer Ministerpräsident lernen will, der kann auch Aufsichtsratschef lernen“, moserte er intern. Woidke hat öffentlich nie genau erklärt, warum er sich verweigert. Zwei Dinge sprechen aber dafür: fehlende Erfahrung und mangelnde Fachkompetenz, den Flughafenbau betreffend. Außerdem wären ihm die Hände gebunden, denn jeder Aufsichtsrat muss die Interessen des Unternehmens vertreten. Im Streit um den Schallschutz steht ein brandenburgischer Regierungschef aber wohl lieber Schulter an Schulter mit den betroffenen Bürgern. Zumal im bevorstehenden Landtagswahlkampf 2014.

Warum übernimmt der Bund nicht?

Der Bau und Betrieb großer Flughäfen ist vorrangig Ländersache. Nicht nur in Berlin (26 Prozent), auch in München (26 Prozent) und Köln/Bonn (30,9 Prozent) begnügt sich der Bund deshalb mit einer Minderheitsposition. Der Bundesanteil am Flughafen Frankfurt am Main (18,2 Prozent) wurde schon 2005 verkauft. In allen drei Airports, an denen der Bund noch beteiligt ist, nimmt er eher eine passive Rolle ein, schickt keine Minister in die Aufsichtsräte und strebt nirgendwo den Vorsitz an.

Sollte nicht lieber ein externer Experte ran?

Eigentümer von Unternehmen, staatlich oder privat, geben ihre Kontroll- und Steuerungsrechte ungern aus der Hand. In München, Frankfurt am Main, Düsseldorf und Köln/Bonn leiten Minister, Oberbürgermeister oder Ex-Spitzenpolitiker die Aufsichtsräte. Hamburg und Leipzig/Halle haben Manager an der Spitze. Wobei der Ehrenvorsitzende des Airports Hamburg Helmut Schmidt heißt. Für externe Fachleute an der Spitze spricht deren Erfahrung und Know-how sowie eine gewisse Unabhängigkeit. Dagegen spricht, dass eine reißfeste politische Vernetzung, die Nähe zu Geld gebenden Parlamenten und politische Entscheidungsgewalt für den Aufsichtsratschef eines öffentlichen Unternehmens große Vorteile bringt. Außerdem fand sich kein geeigneter Fachmann; Geld und Ansehen sind mit dem Job schließlich nicht verbunden.

Wie ist der Aufsichtsrat besetzt?

In das 15-köpfige Gremium schicken Berlin und Brandenburg je vier, der Bund zwei und die Arbeitnehmer fünf Vertreter. Davon sind acht Politiker. Der Berliner Hotelier Michael Zehden und der Cottbusser IHK-Hauptgeschäftsführer Michael Krüger repräsentieren die private Wirtschaft.

Was könnte Wowereit noch verhindern?

Krankheit oder Flucht ins Ausland. Dem Land Brandenburg steht das Vorschlagsrecht zu, Regierungschef Woidke steht jetzt hinter Wowereit – ebenso Verkehrs-Staatssekretär Rainer Bomba als Vertreter des Bundes. Die CDU in Berlin hält still. Allerdings hat die Linke in Potsdam ihr Veto eingelegt, was die Wiederwahl voraussichtlich verzögern wird. Die Mehrheit zum Kippen dürfte sie aber nur schwer bringen.

Was spricht für seine Rückkehr?

Nach über zehn Jahren im Aufsichtsrat: Erfahrung und Routine, Kenntnis der Probleme (auch wenn ihm das oft abgesprochen wird) und Führungsstärke. Offenkundig will Wowereit nach dem Desaster – das ihn fast das Regierungsamt gekostet hätte – zeigen, dass er es besser kann. Zudem ist nur er in der Lage, dem charismatischen Rambo Hartmut Mehdorn notfalls Paroli zu bieten. Beide verbindet inzwischen eine raue Männerfreundschaft, gelegentlich keilen sie sich, gehen dann wieder zusammen ins Restaurant und sind sich herzlich einig: Ohne uns geht nix!

Was spricht gegen eine Rückkehr?

Demut vor den zornigen Bürgern, die es satthaben, dass Steuergelder in Milliardenhöhe in schlecht geplanten und aus dem Ruder laufenden Großprojekten versickern. Dass sich die Eröffnung um Jahre verzögert und die Kosten explodieren, müsste normalerweise für einen freiwilligen Rückzug des politisch Hauptverantwortlichen reichen. Normalerweise.

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