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Berlin: Wissen ist Nacht

Zum bereits zehnten Mal laden die Forschungszentren der Stadt gemeinsam zum Besuch ein Die Veranstaltung, bei der auf 18 Routen 70 Einrichtungen besichtigt werden können, hat schon Kultstatus

Sarah freut sich auf ihren Besuch im Helmholtz-Zentrum für Materialien und Energie in Adlershof. Für die Zehnjährige ist es zur schönen Tradition geworden, einmal im Jahr Solarzellen aus Früchtetee und Zahnpasta herzustellen. Auch Wissenschaft hat eben das Zeug dazu, den Menschen ans Herz zu wachsen und für Höhepunkte im Jahresablauf zu sorgen. Jedenfalls kann man das von der „Klügsten Nacht des Jahres“ behaupten, die nur wenig jünger ist als Sarah und am Sonnabend zehnten Geburtstag feiern kann.

Auch viele erwachsene Routiniers haben ihren persönlichen Abend in der Berliner und Potsdamer Forschungslandschaft schon längst minutiös geplant. „Die Menschen kommen höchst vorbereitet und stellen am Infotelefon ganz gezielte Fragen“, berichtet Pressesprecherin Susann Morgner. Vor allem Neueinsteiger aber fragen sich, mit welcher der 18 Routen sie beginnen sollen. Die besucherstärkste „Lange Nacht“ Berlins erspart keinem die Qual der Wahl: 70 Einrichtungen machen mit, 2370 Programmpunkte werden geboten – davon 888 zum ersten Mal.

Die klügste Nacht besonders klug zu nutzen, ist offensichtlich eine Wissenschaft für sich. Im Prinzip gibt es dafür zwei erfolgversprechende Methoden: Man könnte sich auf einen Ort oder aber auf ein Thema beschränken.

Wer sich auf einen der Standorte konzentriert, kann sich dort für ein paar Stunden treiben lassen, kann mal hier, mal da hineinschnuppern, muss allenfalls ein paar Stationen mit dem Shuttlebus fahren und hat Zeit, auch einen Blick auf neue Architektur zu riskieren. Für Familien wird es auf diese Art außerdem leichter, sich nach persönlichen Vorlieben zeitweise zu trennen. „Für einen solchen Ausflug bieten sich die großen Standorte mit Campus-Charakter an“, sagt Susann Morgner.

Wer thematisch und räumlich alles auf eine Karte setzen will, könnte sich zum Beispiel für eine „Emotionsroute“ durch Dahlem entscheiden. Um die Macht der Gefühle drehen sich einige Präsentationen am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung und beim Exzellenzcluster „Languages of Emotion“. Einer der Schauplätze ist das Institut für Theaterwissenschaften der FU, ein anderer das Dahlem Institute for Neuroimaging of Emotion, wo man erleben kann, wie moderne Bildgebung Emotionen sichtbar macht.

Auch die Route „Demographie und Alter“ hat ein breites Themenspektrum, bewegt sich räumlich aber vor allem in Mitte: Wirtschaftswissenschaftler informieren im Hauptgebäude der HU über finanzielle Altersvorsorge, im Deutschen Rheuma-Forschungszentrum wird über die Behandlung von Rheuma aufgeklärt.

Für medizinisch interessierte Kinder gibt es in der gesamten Stadt etwas zu lernen: Sie könnten im Helios-Klinikum Buch zuschauen, wie Kuscheltiere im Röntgenbild aussehen, sie könnten im Klinikum Benjamin Franklin erfahren, wie sauer Cola wirklich ist – und sie könnten, falls in der Familie gerade ein Baby erwartet wird, vorsorglich in einer der drei Charité-Kliniken ihr „Geschwister-Diplom“ machen. Die Eltern interessiert derweil möglicherweise ein Blutgruppenschnelltest am Deutschen Herzzentrum.

Auch für neue Energie in der Nacht selbst ist an zahlreichen Orten in Form von Speisen und Getränken gesorgt. Im Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen in Dahlem kann man sogar eine Weinprobe machen. Die Wissenschaftler züchten Rebsorten, die wenig krankheitsanfällig sind. An der Mosel, nicht in Berlin.

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