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Berlin: Witwer nach Brandstiftung vor Gericht

Anklage beschuldigt 59-Jährigen des Betrugs

Im Haus des Witwers war die Zeit stehen geblieben. Wolfgang S. hatte nach dem Tod seiner Ehefrau kaum etwas verändert. „Ich habe sie lange gepflegt“, schluchzte der 59-jährige Maurermeister gestern vor dem Landgericht. Später habe er oft die Perücke der Verstorbenen aufgesetzt, wenn er durch die Räume ging und vor den Bildern stand, die sie aufgehängt hatte. „Ich fühlte mich ihr dann nah.“ Er trug die Perücke auch, als er im Erdgeschoss literweise Benzin vergoss und das Haus zerstörte.

„Ich wollte zu meiner Frau, wollte mir das Leben nehmen“, erklärte der Witwer den Richtern. Er habe den Tod seiner krebskranken Frau einfach nicht verkraftet. Als er dann die Flammen sah, sei ihm aber in den Sinn gekommen: „Selbstmörder werden nicht auf dem Friedhof beerdigt.“ Deshalb will er sich in letzter Minute mit einem Sprung aus dem Fenster in Sicherheit gebracht haben. „In meinem Leben ist alles schief gegangen“, sagte der Angeklagte.

Der Tod der Ehefrau liegt allerdings schon zehn Jahre zurück, und die Version von einer Brandstiftung aus Verzweiflung nahmen ihm die Ermittler nicht ab. Die Staatsanwaltschaft geht vielmehr von betrügerischen Machenschaften aus. Der Maurermeister soll das Einfamilienhaus in Köpenick Anfang August letzten Jahres in Brand gesetzt haben, um Geld aus der Gebäudeversicherung zu kassieren.

Der grauhaarige Handwerker, der schon zu DDR-Zeiten das Haus, zwei Autos und zwei Motorboote sein Eigen nannte, bestritt solche Absichten tränenreich. Zwar stand das Haus, in dem er sich nur noch ab und zu aufhielt, seit Mitte der 90er Jahre leer. „Aber es war schuldenfrei und picobello.“ Wolfgang S. will seiner Frau versprochen haben, das gemeinsam aufgebaute Heim dem Sohn zu vererben. Den Versuch, das Haus abzubrennen, könne er sich heute nur so erklären: „Es war ein Kurzschluss.“ Der Prozess wird morgen fortgesetzt. K. G.

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