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WM 2006. Die anderen Städte hatten "Fanfeste", Berlin bekam die "Fanmeile" - die Ost-West-Straße ist ja auch ein langer Schlauch, kein Platz.

© Doris Spiekermann-Klaas

WM 2018 und Berlin: Wann entstand das Wort "Fanmeile"?

Die Straße des 17. Juni in Berlin gehört den Fans. Zur WM 2006 sollte eigentlich ganz woanders gefeiert werden. Und das Wort "Fanmeile" wurde in einem ganz anderen Jahr erdacht.

Wann entstand eigentlich das Wort "Fanmeile"? Da lohnt ein Blick ins Tagesspiegel-Archiv - 2006 bei der Heim-WM jedenfalls war's nicht.

Viele werden sich erinnern mit einem klassischen "Ach ja"-Seufzer: Blicken wir zurück in den Mai 2005, die WM-Planung lief, es sind Geschichten aus einem fernen Berlin.

Denn: Der Flughafen Berlin-Tempelhof (längst geschlossen) sollte als WM-Flughafen für die VIP-Jets dienen, Fernzüge hielten am Zoo (der Hauptbahnhof wurde erst im Mai 2006 eröffnet), der Palast der Republik stand damals noch (hier ein Youtube-Video vom Abriss 2006 bis 2008).

WM-Idee 1: Fanfest war vor dem Palast der Republik geplant

Auf der dortigen Brache - dem heutigen "Schlossplatz" - waren Leinwände für tausende Fans geplant. Wurde bekanntlich nichts draus, weil der DDR-Palast ausgerechnet im WM-Jahr abgerissen wurde.

80.000 Leute sollten an der Spree feiern

Also kam ein neuer Standort ins Gespräch im Sommer 2005: der neue Spreebogen-Park mit Blick auf den neuen Hauptbahnhof. Dolle Idee! 80.000 Leute sollten auf der Wiese zwischen Schweizer Botschaft und Spree feiern beim großen "Fifa Fanfest", wie das Public Viewing sperrig genannt wurde. Fanmeile? Davon war noch keine Rede.

Sommer 2005: Der Hauptbahnhof war im Bau. Auf der Wiese hier (Spreebogenpark) war damals das WM-Fanfest geplant.
Sommer 2005: Der Hauptbahnhof war im Bau. Auf der Wiese hier (Spreebogenpark) war damals das WM-Fanfest geplant.

© Thilo Rückeis

"Wir planen ein Fan-Fest von Nord nach Süd"

Aber es gab einen Menschen, der die Idee einer Fanmeile erahnte - und in der Himmelsrichtung falsch lag: Jürgen Kießling, WM-Beauftragter Berlins.

Mit ihm saßen wir vom Tagesspiegel einmal in einem Restaurant in Mitte, als Kießling auf eine Berlin-Karte tippte: "Gucken Sie mal", sagt er sinngemäß und zählte Berlins WM-Partys auf. "Wir werden zur WM ein Fanfest im Sony Center haben, nördlich davon das WM-Stadion von Adidas vor dem Reichstag, darüber das Fanfest mit dem WM-Globus auf dem Pariser Platz, darüber das im Spreebogen-Park, darüber das WM-Zeltcamp für 2000 Fans im Poststadion .... alles in einer Reihe - von Nord nach Süd, eine WM-Perlenkette." Fanmeile? Fast, nur eben nicht in Ost-West-Richtung, sondern in Nord-Süd.

Von Außen ähnelte das Adidas-Stadion dem Olympiastadion.
Von Außen ähnelte das Adidas-Stadion dem Olympiastadion.

© Simulation: Adidas/promo

CDU-Bürgermeister: "Es geht nur Straße des 17. Juni"

Doch dann gab es Ärger - viel Ärger. Der damalige Vorsitzende der Berliner CDU-Fraktion, Nicolas Zimmer, warf dem Senat amateurhaftes Verhalten bei der zähen Planung so kurz vor der WM vor. Die anderen WM-Städte seien "offensichtlich Weltklasse, Berlin ist dagegen Kreisklasse", kritisierte er. Die FDP-Abgeordnete Mieke Senftleben sprach von einer "Laienspieltruppe" im Senat. Und Mittes Bürgermeister Joachim Zeller (CDU) meinte: "Wenn es ein Fan-Fest in der Innenstadt geben soll, dann kann es nur auf der Straße des 17. Juni sein."

Polizei gegen Spreebogen: Die Fans fallen in die Spree

Zumal auch die Berliner Polizei aber auch rein gar nichts vom Fanfest für 80.000 Leute im Spreebogen hielt - mitten im Regierungsviertel, direkt an der Spree, mit fünf Meter hohen Wänden und wenig Fluchtmöglichkeiten.

Kleine Zeitreise: Zur WM 2006 landeten die Vips sogar noch in Tempelhof - 2008 wurde der Flughafen geschlossen.
Kleine Zeitreise: Zur WM 2006 landeten die Vips sogar noch in Tempelhof - 2008 wurde der Flughafen geschlossen.

© Mike Wolff

Also doch 17. Juni? Im Dezember 2005 schließlich die Einigung - das Wort "Fanmeile" tauchte nun auch offiziell im Tagesspiegel auf: "Die Fifa drängt - Fanmeile soll auf Straße des 17. Juni stattfinden", titelten wir. Wenig später dann: Unterschrift, Berlins damaliger Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) freute sich: "Das wird keine Fressmeile, sondern ein Fest mit Anspruch." Was davon übrig blieb, ist bekannt.

Doch der Name tauchte schon Jahre vorher auf

Der Name stammt also aus dem WM-Planungswinter 2005? Nein, der ist noch älter. Als die türkischen Fußballfans bei der Fußball-WM 2002 ordentlich Rabatz zur Mittagszeit in der Berliner Innenstadt machten - die WM fand in Asien statt - , sperrte die Berliner Polizei irgendwann den Kurfürstendamm zwischen Nürnberger und Joachimstaler Straße, weil der Autokorso immer größer wurde. Dort sollten die Fans miteinander auf der autofreien Meile feiern - in einer großen Fußgängerfanzone in der City West. Damals tauchte das Wort "Fanmeile" erstmals im Tagesspiegel auf.

Tagesspiegel-Projekt: Wo leben die WM-Landsleute, Bezirk für Bezirk

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