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Einer von 386 Südafrikanern in Berlin. Vor zwei Jahren zog der Kapstädter Maler Xolelani Matshikiza her. Seine Bilder verbinden den Alltag in Afrika mit Europa.

© uwe steinert

WM: In Berlin ist ein Stück Südafrika

Wer durch die WM Sehnsucht nach Südafrika bekommen hat, kann es auch hier entdecken - und muss nicht den langen Weg zum Kap auf sich nehmen.

Der Löwe brüllt kurz auf, legt sich dann schwer atmend auf den Felsvorsprung neben das Weibchen. Wenige hundert Meter entfernt geht eine Giraffe in die Knie und schlabbert gierig aus dem Wasserloch, Zebras drücken sich in den Schatten eines Baumes. Die Löwen beachten sie nicht, von den Räubern geht sowieso keine Gefahr aus. Denn im Zoologischen Garten Berlin trennen Gitter und Wege die Tiere voneinander. Zwar leben hier und im Tierpark die Big Five, die bei Touristen begehrten Fotomotive Elefant, Büffel, Spitzmaulnashorn, Leopard und Löwe, aber wie auf Safari im Krüger-Nationalpark lässt es sich hier nur mit ganz viel Fantasie fühlen.

Trotzdem kann – wer durch die Weltmeisterschaft Lust auf Südafrika bekommen hat – es mit etwas Suchen auch in Berlin entdecken. Und die 9600 Kilometer zwischen Berlin und Kapstadt mit nur wenigen U-Bahnstationen überbrücken – als Alternativprogramm zum drohenden Fußballentzug. In Berlin herrscht zudem die Hitze, die die Fans im momentan winterlichen Südafrika nur allzu gerne hätten.

Viele Südafrikaner leben nicht in Berlin. 386 sind es, verglichen mit 108 000 Türken oder immerhin 1700 Ghanaern eine bescheidene Zahl. Xolelani Matshikiza ist einer von ihnen. Vor zwei Jahren zog der gebürtige Kapstädter nach Berlin. „Die Stadt ist so inspirierend, überall trifft man Künstler“, sagt Matshikiza, dessen Rufname Pat ist. Er ist selbst einer von Südafrikas aufstrebenden jungen Malern. Landsleute treffe er aber nur ab und zu, echte Treffpunkte für Südafrikaner gebe es nicht. Wenn überhaupt, dann für alle Afrikaner, sagt er. Der Yaam-Club am Spreeufer in Friedrichshain sei einer. Oder kulturelle Veranstaltungen wie im Haus der Kulturen der Welt in der John-Foster-Dulles-Allee in Tiergarten.

Kocht Gnu: Thomas Meißner.
Kocht Gnu: Thomas Meißner.

© Wolff

Wer hinter die Postkarten-Kulisse seiner Heimat gucken will, dem empfiehlt er die Bilder südafrikanischer Künstler, sicherlich mit ein bisschen Eigennutz. „Die bilden das wahre Leben ab.“ Schöne Häuser im Kolonialstil und Tierparks mit Elefanten und Löwen interessieren ihn nicht. „Das sind nur die Souvenirs Südafrikas. Man muss da hingehen, wo die Leute Leben, in die Townships“, sagt Matshikiza. Er wuchs in Khayelitsha auf, in der Kapstadter Armensiedlung leben mehr als 1,5 Millionen Menschen. Wer will, kann in seinem Atelier in der Landsberger Allee 54 in seine Heimat eintauchen. Eindrücke aus dem Johannesburger Township Soweto liefern die Bilder und Zeichnungen von Mbongeni Buthelezi im Haus am Lützowplatz noch bis 1. August. Zeichnungen, Bilder, Videos, Fotografien und Installationen über das Land am Kap sind bis 10. Oktober im Daimler Contemporary im Haus Huth am Potsdamer Platz ausgestellt.

Die südafrikanische Küche in Berlin hat Xolelani Matshikiza noch nicht getestet. Er bevorzugt deutsche Kost: Schweinshaxe mit Sauerkraut, und überhaupt Fleisch mit viel Fett. Im Heimaturlaub verspeise er auch mal einen Schafskopf, erzählt er grinsend. Den gibt es im Restaurant Cape Town in der Schönfließer Straße in Prenzlauer Berg nicht, dafür aber Steaks von Zebras, Springböcken, Straußen und Gnus, die in Südafrika Wildebeest heißen. Das Nationalgericht Bobotie, ein Hackfleischauflauf, serviert Chef Thomas Meißner ebenso wie Biltong, den überall im Land verbreiteten Snack aus getrocknetem Fleisch. „Das ist viel besser als Chips und Salzstangen“, sagt Meißner, der drei Jahre am Kap gelebt hat. Im Internet finden sich auch Rezepte zum Selbermachen.

Benjamin Rüggeberg kennt das Land am Kap ebenso. 34 Jahre hat der 37-Jährige in Südafrika gelebt. In seinem Geschäft Cape Times in der Rykestraße in Prenzlauer Berg will er einen Hauch der alten Heimat nach Berlin bringen. Er verkauft importierte fellbezogene Sofas, Geschirr, Zulu-Perlenschmuck, aus altem Holz gefertigte Bilderrahmen und Wein. Die immer beliebteren Tropfen aus den Weingütern rund um das Universitätsstädtchen Stellenbosch nahe Kapstadt stehen auch in vielen Supermärkten und Weinhandlungen. Das Besondere an Rüggebergs Laden: Viele der Produkte werden innerhalb von Projekten hergestellt, die den vielen armen Südafrikanern helfen sollen.

Südafrika ist aber nicht nur in Berlin zu finden, es geht auch umgekehrt: In der Provinz Ostkap liegt das Städtchen Berlin. Ganz in der Nähe der Orte Potsdam, Hamburg und Braunschweig. Und in der Halbwüste Karoo steht der 1400 Meter hohe Berg Spandaukop. Der heißt laut Reiseführer so, weil ein preußischer Offizier in dem Berg irgendwie die Spandauer Burg erkannt haben wollte.

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