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Die Vermittlerin. Yunkyoung Lee bringt K-Pop-Fans, Studenten und anderen Berlinern Koreanisch bei.

©  Claudia Kleine

WM-Spiel Deutschland - Korea: Ein Stück Korea in Berlin

Koreanische Restaurants und Geschäfte, ein Seouler Garten und fast 5000 Landsleute: Deutschlands heutiger WM-Gegner ist in Berlin sehr präsent.

Dass beim WM-Spiel an diesem Mittwochnachmittag Südkorea Deutschland schlagen wird, daran glauben nicht einmal die Koreaner. Zumindest nicht die in Berlin lebende Yunkyoung Lee oder besser Lee Yunkyoung wie die Koreaner sagen würden – in dem fernöstlichen Land wird nämlich stets der Familienname vor dem Vornamen genannt. Trotz der geringen Erfolgsaussicht beim Fußball, wird Lee die Mannschaft ihres Heimatlandes anfeuern. Und zwar beim Public Viewing im Koreanischen Kulturzentrum nicht weit vom Potsdamer Platz.

Lee arbeitet als Sprachlehrerin am Koreanischen Kulturzentrum, das die Kulturabteilung der südkoreanischen Botschaft bildet. Seit 2013 bringt sie dort Berlinern ihre Muttersprache bei. Die Teilnehmer an ihren Kursen haben ganz unterschiedliche Motivationen. „Da sind zum einen die begeisterten K-Pop-Fans, die die Liedtexte verstehen und mitsingen wollen“, erzählt sie.

Außerdem Studenten, die ein Auslandssemester in Korea machen wollen; Berliner, die mit Koreanern befreundet oder verheiratet sind; und Eltern, deren Kinder nach Korea ausgewandert sind, weshalb sie sich sprachlich vorbereiten wollen. Die Altersspanne der Schüler reicht von 14 bis über 60. 250 bis 270 sind es am Koreanischen Kulturzentrum pro Semester, Tendenz steigend. Das erste Wort, das die Sprachschüler bei Lee lernen, ist „Annyeonghaseyo“, das heißt „Hallo“ auf koreanisch.

Zahlreiche koreanische Restaurants

Mindestens einmal im Semester geht der Unterricht bei Lee über die Sprache hinaus. Dann geht sie mit ihren Studenten in ein koreanisches Restaurant. Davon gibt es in Berlin reichlich. Besonders bekannt ist der Laden Kimchi Princess in Kreuzberg. Hier sind selbst unter der Woche die zahlreichen Bänke im hippen Restaurant mit Kimchi-hungrigen Berlinern und Touristen gefüllt. Es gibt aber auch kleinere, unscheinbarere koreanische Restaurants, die trotz schmuckloser Neonröhren an der Decke zahlreiche Kunden anziehen, wie zum Beispiel New Arirang in Friedrichshain, der dank seines beliebten Essens stets voll besetzt ist. Lee hat noch einen anderen Favoriten: Sie empfiehlt das Restaurant Hodori in Schöneberg.

Insgesamt sei die koreanische Küche in Berlin nicht hundertprozentig authentisch. Dabei gibt es in Berlin durchaus den ein oder anderen Experten. Immerhin haben rund 4900 Berliner einen koreanischen Pass. „Ich glaube, es liegt daran, dass hier einige Zutaten gar nicht oder nur sehr teuer zu bekommen sind“, sagt sie. Sie findet, dass das Essen im Hodori aber schon recht dicht dran ist, am Original. Am wichtigsten sind ihr beim Essen zwei Dinge: Es muss nach Knoblauch schmecken und die koreanische Chili-Paste Gochujang darf nicht fehlen.

Kultur gegen Heimweh

Die koreanischen Speisen in Deutschland seien übrigens manchmal stärker gewürzt als in Korea selbst, denn die Koreaner seien sehr gesundheitsbewusst, weshalb häufig auf übermäßiges Salz und zu viel Schärfe verzichtet wird. „Bei Sehnsucht nach der Heimat ist es aber ganz gut, wenn das Essen etwas intensiver schmeckt“, findet Lee.

Gegen Heimweh hilft auch das Kulturangebot im Kulturzentrum. Diesen Donnerstag wird dort zum Beispiel der koreanische Film „Oasis“ gezeigt. Am selben Abend wird zudem die Ausstellung „Umraum“ eröffnet, die die Werke ausgewählter Künstler eines Ausschreibungsprogramms zeigt. Auch Kalligrafiekurse können hier belegt werden.

Wer ein Stückchen koreanische Gartenkultur kennenlernen möchte, fährt am besten in die Gärten der Welt nach Marzahn. Dort gibt es seit 2005 einen „Seouler Garten“, den Berlin von der koreanischen Hauptstadt geschenkt bekommen hat. Und der bietet ein halbwegs originalgetreues Abbild einer Gartenlandschaft, wie man sie in Korea finden könnte. Zwischen Kiefern, Bambus, Eichen und Fächerahorn fließt hier ein Bach durch angelegte Felslandschaften, wie sie charakteristisch für die Natur in Korea sind. Auch einen Pavillon gibt es, in dem sich für Korea typische Wohnräume befinden. Die Bauelemente wurden großenteils extra aus Korea angeliefert.

Berliner, die sich aus Pflanzen nichts machen, aber sich dafür für Mode interessieren, sollten nach Kreuzberg fahren. An der Hasenheide 54 feiert das Kleidungsgeschäft Knok Store am Donnerstag seine Eröffnung, in dem man aktuelle koreanische Mode findet. Mitbegründerin des Ladens ist die Koreanerin Haelan Kim, wobei Kim der Nachname ist. Vor sechs Jahren zog sie nach Deutschland.

Haelan Kim
Haelan Kim

©  Claudia Kleine

Ein Ort für eine europäisch-koreanischen Austausch

Eigentlich kam sie nur für einen Urlaub, um Freunde in Berlin zu besuchen. Doch die Atmosphäre in der Stadt gefiel ihr so gut, dass sie kurzerhand beschloss, umzuziehen. „Ich bin zurück nach Korea geflogen, habe meinen Job gekündigt und meinen Eltern gesagt, dass ich mir ein One-Way-Ticket nach Berlin gekauft habe“, erzählt sie. Die seien natürlich nicht sehr begeistert gewesen. „Aber dann haben sie gesagt: Jetzt ist es wohl auch zu spät um Nein zu sagen.“

In Berlin fing sie bei einem Startup an. Vor eineinhalb Jahren machte sie mit Freunden einen Onlinehandel auf. Im Winter eröffneten sie einen Popup-Store nahe der Markthalle 9. „Der lief sehr gut, deshalb haben wir uns entschieden, nach einem richtigen Laden zu suchen“, sagt sie und verweist mit einer Geste auf den Verkaufsraum ihres Geschäfts, in dem gerade die letzten Handwerksarbeiten erledigt werden. Hier soll es zukünftig nicht nur Mode geben, sondern auch Kaffee. An den Wänden hängen Bilder von Seoul, die ein koreanischer Fotograf aus Berlin gemacht hat.

Kim kann sich vorstellen, regelmäßig Kunst-Ausstellungen zu machen. „Meine Vision ist, dass dies ein Ort wird, an dem man koreanische und europäische Ideen austauschen kann.“ Schließlich gebe es in Berlin ganz viele verschiedene kreative Menschen. Gerade deshalb fühle sie sich hier so wohl.

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