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Berlin: Wo eine Domina Fontane inspirierte

Lindow ist noch ein Geheimtipp. Dabei beeindruckt der Ort zwischen drei Seen nicht nur Schriftsteller. Es gibt eine romantische Klosterruine, eine verlassene Insel – und Wanderpfade von Ufer zu Ufer

„Wie seh ich, Klostersee, dich gern!

Die alten Eichen stehn von fern

und flüstern, nickend, mit den Wellen.“

Theodor Fontane war beeindruckt. Lindow, der Ort zwischen drei Seen, vor allem aber das Kloster am Wutzsee und seine Domina hatten es ihm angetan. Dem See widmete er die obigen Verse, der Klosteroberen Domina Adelheid gleich ganze Passagen in seinem „Stechlin“.

Darauf ist man stolz im 2500-Einwohner-Ort. Lyndow, damit meinte man im 14. Jahrhundert eine Lindenaue. Viel Geschichte und viele Geschichten umranken das Städtchen, das viele Ausflügler noch nicht kennen, weil sie auf dem Weg nach Norden gleich nach Rheinsberg durchrauschen – statt einen Abstecher zu machen nach Lindow.

Doch ein Besuch unter Linden und Eichen im staatlich anerkannten Erholungsort mit seinen teils unter Naturschutz stehenden Seeufern lohnt sich. Wo sonst findet man gleich drei Seen auf einmal? Einen zum Angeln (Vielitzsee), einen für viel Spaß am und auf dem Wasser (Gudelacksee) und einen zum Entspannen, Wandern und Erkunden (Wutzsee mit Kloster). Gut nachzuvollziehen, dass sich hier im 13. Jahrhundert die Zisterzienser niederließen und eines der reichsten Nonnenklöster der Mark gründeten. „Die Stätte lag für die Besiedlung äußerst günstig“, schreibt Historiker Werner Dumann, denn am Wutzsee habe es schon damals „Wald und genügend Wasser“ gegeben. Hecht und Aal standen auf dem Klosterspeiseplan. Die Nonnen hatten es bequem. Zwar mussten sie schon bald nach Mitternacht fürs erste Gebet aus dem Schlafsaal in die Kirche, aber selbst für den kurzen Fußweg nahmen sie die Kutsche. Die Klostermühle am Stadtfließ ist heute in Familienbesitz. Jetzt wird statt mit Wasserkraft mit Strom gemahlen.

Wie das Leben hinter den Mauern aus gehauenem Felsstein aussah, können Ausflügler sich im Garten des Hotels Klosterblick vorstellen: Dort steht ein Modell, dort werden Klosterkräuter gezogen, und man hat einen schönen Blick auf das Klostergelände mit ehemaligem Marstall und Schule. Man kann dort jetzt Gästezimmer und Tagungsräume buchen; das Evangelische Stift unterhält ein Altenheim für ehemalige Kirchenbedienstete. „Wasser zieht eben an“, sagt eine der Bewohnerinnen.

Das gilt auch für den Gudelacksee. Einst arbeiteten hunderte Handwerker auf der Insel im See; die Ziegelei stellte den Betrieb in den 30er Jahren ein. Heute zelten schon mal Ausflügler an den Tonseen auf verwilderten Wiesen. Oder setzen zum Gasthof am Gudelacksee über: Gierschsuppe, Zanderfilet, Heilkräuterlikör – Sonnenuntergang inklusive.

Als sein Zenit überschritten war, hat Erich Honecker einmal nahe den früheren Partei-Ferienheimen am See Zuflucht gesucht. Auf ihn ist man hier weniger gut zu sprechen als auf einen anderen, wahren Lindower: Schauspieler Ralph Herforth, der seinen Heimatort mitsamt der Gaststätte „Ratskeller“ schon mal ins Fernseh-Abendprogramm gebracht hat. Ein TV-Team besuchte dafür auch den Klosterfriedhof. Wie lautet gleich die Inschrift auf dem Grabstein der Domina Louise von Zenge anno 1855:

„Das Leben war ihr leicht, sie machte es sich und andern zur Freude!“

Annette Kögel

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