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Berlin: Wo Lehrer Detektive sind

Eine Lernwerkstatt stellt neue Anforderungen an den Unterricht

Eva Schmoll (52) ist seit 30 Jahren Lehrerin auf der Nikolaus-August-Otto-Oberschule und gehört dem vierköpfigen Leitungsteam an. Schmoll hat maßgeblich am neuen Schulkonzept „Ottos Lernwerkstatt“ mitgearbeitet.

Wie macht man aus einer Schule eine „Lernwerkstatt“?

Man braucht Mut, um den gewohnten Unterrichtsstil mit zentraler Lenkung aufzugeben. Wenn man den Klassenbesten genauso wie den Schwächsten fördern will, muss man sich auf jeden Einzelnen einlassen. Man muss bereit sein, das Unterrichtskonzept im Einzelfall umzustoßen.

Was hat sich für die Lehrer verändert?

Wir mussten von unserem Podest herunter. Nicht wir geben unseren Schülern etwas vor, sondern wir müssen wie Detektive hinter ihnen hergehen. Nur wenn wir herausfinden, wie sie denken, erfahren wir, warum sie Fehler machen.

Was heißt das für die konkrete Arbeit?

Wir arbeiten in Klassenteams sprechen uns permanent ab. Das braucht viel Zeit und die Bereitschaft, sich in die Karten schauen zu lassen. Wir planen die Unterrichtsstunden sehr viel differenzierter als vorher, um mehrere Niveaustufen innerhalb einer Klasse fördern zu können. Man kann auch kein einheitliches Stundenziel aufstellen, wenn man auf jeden einzeln eingehen will.

Viele Ihrer Schüler kommen aus schwierigen sozialen und familiären Verhältnissen. Wie gehen Sie damit um?

Sehr viele sind heimatlos, wurden missbraucht, haben dramatische Scheidungen miterlebt. Wir versuchen, für sie eine Ersatzfamilie zu sein, das fängt an beim gemeinsamen Frühstücken und Mittagessen. Dort, wo wir nicht alleine helfen können, versuchen wir, außerschulische Beratung für sie zu finden. Das bedeutet mehr Verantwortung als früher.

Die Fragen stellte Claudia Keller.

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