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Berlin: Wo Rochen ihren Freischwimmer machen

Im Zoologischen Garten ist das neue Landschaftsaquarium eröffnet worden. In riesigen Becken mit 40 000 Litern Wassern tummeln sich tropische Fische

Wenn man von einem Einzimmerappartement in einen Palast zieht, wird man auch nicht gleich am ersten Tag durch alle Zimmer turnen. So mag es gestern den blauen Füsilierfischen ergangen sein. Sie wirkten etwas verloren im neuen Tropenbecken, wie sie da ganz vorne an der Scheibe schwammen, so als trauten sie sich noch nicht, die Tiefen ihres neuen Heimes zu erkunden. Während die kubanischen Schweinsfische im Riff-Becken nebenan munter den braun-beigen Nagasakis hinterherjagten, so als seien sie schon immer hier gewesen. Hornfische versteckten sich in Nischen, Leopardenfische knusperten die Riffe auf der Suche nach Algen an. Im Amazonasbecken zogen die 1,70 Meter langen Rotflossenwelse und Arapaimas gemächlich ihre Runden. Für sie ist das neue Zuhause gerade groß genug.

„Vielleicht haben einige Fische heute Muskelkater“, scherzte Direktor Jürgen Lange gestern bei der Eröffnung der umgebauten Landschafts-Aquarien im Zoologischen Garten, „an so viel Freiraum sind sie nicht mehr gewöhnt.“ Die Becken fassten vor einem halben Jahr noch 20000 Liter, jetzt sind es 40000. In Deutschland gibt es bislang keine vergleichbar großen Becken. Zum Vergleich: In eine Badewanne passen 170 Liter.

Trockenen Fußes kann man nun vom offenen Meer mit freischwimmenden Rochen und Haien über das Riff mit den bunten Korallenfischen in den Mangrovensumpf gelangen, dann weiter gehen zum überfluteten Urwald mit Piranhas und Rotflossenwelsen bis hin zum Südostasienbecken mit Haiwelsen, Gabelbärten und einem Wasserfall. Das Besondere an den Landschaftsaquarien ist, dass die Fische nicht mehr in Sichthöhe in abgedunkelten Schaukästen schwimmen, sondern die Wasseroberfläche in 1,50 Metern Höhe ist. Aus dem Wasser heraus rankt bis zur Decke allerlei Grünes: verschiedene Palmenarten, großblättrige Philodendren, Mangrovenstämme und Schraubenbäume. Zehn Firmen haben in den letzten sechs Monaten neue Rohr- und Filtersysteme verlegt, 1,3 Tonnen schwere und sieben Meter lange Panzerglasscheiben geschleppt, 86 Tonnen Zement und 78 Tonnen Sand verarbeitet, gepflanzt und geflutet. 2,78 Millionen Euro hat der Umbau geschluckt, ein Großteil kam von der Stiftung Deutsche Klassenlotterie, den Rest haben die Berliner gestiftet. Etwa 30 verschiedene Fischarten tummeln sich in den neuen Becken. Es wurden keine neuen dazu gekauft, schließlich sollen sich die alten endlich so richtig entfalten können. Für den fünfzigjährigen schwarzen Paku – „unseren Methusalem“ – sicherlich die Krönung seines Lebens. Und billig sind Fische auch nicht gerade: Ein Leopardenhai kostet 15000 Euro.

Mit dem Umbau sind die Pläne des Zoodirektors noch nicht komplett. Lange träumt von einem Anbau in Richtung Elefantenhaus, in dem er ein Aquarium mit Restaurant einrichten will. Im Moment sei man bei der Kostenerhebung. Auf Augenhöhe mit Rochen und Haien soll dann gespeist werden – womöglich Fisch. Claudia Keller

Das Aquarium ist täglich geöffnet von 9 bis 18 Uhr, Eingang ist Olof-Palme-Platz. Ab 10. Oktober gibt es jeden zweiten Donnerstag nächtliche Führungen.

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