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Berlin: Wo Soldaten mit Laptop predigen

Ein interaktiver Gottesdienst bei der Heilsarmee in Prenzlauer Berg

Ungewöhnlich sind die Gottesdienste der Heilsarmee sowieso. Die Lieder sind andere, gebetet wird in freier Rede, Gemeindemitglieder erzählen, wo sie in der letzten Woche Gott erlebt haben. Und die Predigt wird nicht im schwarzen Talar gehalten, sondern in Uniform mit Krawatte und rotem Streifen auf der Schulter. Gestern war der Gottesdienst der Heilsarmee Prenzlauer Berg aber noch ungewöhnlicher als sonst: Ursula und Rolf Metzger, beide „Majoren“ der Heilsarmee, also länger als 15 Jahre im Dienst für den Herrn und die Notleidenden, hatten Laptop und Videobeamer mitgebracht. Weil es „gut ist, zu hören, aber noch viel besser, wenn man auch was sieht“. Deshalb wollten die Metzgers etwas Neues ausprobieren: Eine Power- Point-Präsentation im Gottesdienst. So was kann man sich in einer normalen Kirche schwer vorstellen, im Gemeindezentrum in der Kuglerstraße, das unter der Woche als Wärmestube für Obdachlose fungiert, wirkte der Beamer gar nicht wie ein Fremdkörper. Schließlich stehen im Raum weder Altar noch Kerzen, dafür aber ein Aquarium, an der Wand klebt Raufasertapete. Von der Decke hängen Ikea-Lampen. Hauptsache ist, dass der Inhalt eines Gottesdienstes stimmt. Und das tat er: „Schmerz und Freude. Gedanken zum Leiden Jesu und zum Leiden der Menschheit“ warf der Beamer in großen Buchstaben an die Wand. Dann drückte Majorin Metzger auf die Taste ihres Laptops – und das Programm zeigte Fotos, die jeweils eine bestimmte Form von Schmerz symbolisieren: Etwa einen losen Telefonhörer für den „Schmerz über zerbrochene Beziehungen“. Und Ehemann Rolf zeigte Parallelen zwischen den Menschen heute und Jesus auf. Zum Beispiel beim „Schmerz der Ohnmacht“: Maria musste mitansehen, wie Jesus unter der Last des Kreuzes zusammenbrach, und „viele Mütter in Berlin und Brandenburg haben heute keinen Trost mehr für ihre arbeitslosen Söhne“. Zwischendurch wurde gesungen. Ohne Orgelbegleitung, aber mit Major Metzgers Schifferklavier. Die Idee mit dem Beamer kam so gut an, dass die Gemeindemitglieder klatschten. Das darf man bei der Heilsarmee nämlich auch.

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