zum Hauptinhalt

Berlin: Wochenende ohne Stadtautobahn

Aber nur ganz langsam: Die Sperrung der A 100 an der Spandauer-Damm-Brücke bot vielen Autofahrern neue Ansichten

Wo viele Schilder stehen, bringen noch mehr Schilder keine Klarheit. Das war die wichtigste Erkenntnis bei der Umfahrung der Großbaustelle des Wochenendes: Die Stadtautobahn war in Charlottenburg gesperrt, damit die Spandauer-Damm-Brücke abgerissen werden konnte. Viele standen im Stau.

Gestraft war generell, wer im Westen vom Süden in den Norden wollte, zum Beispiel von Steglitz nach Sylt, oder von Neukölln nach Tegel, zum Flughafen. Aber so ein Stau öffnet die Augen für die Stadt. Für den Steglitzer, der mittags in Richtung Norden wollte, begann der Stau auf der Avus in Höhe der Zuschauertribüne. Die langgestreckte Linkskurve, die die Avus mit der Autobahn 100 Richtung Norden verbindet, lässt, wenn man sie sozusagen stehend passiert, einen intensiven Blick auf den Fernsehturm am Alexanderplatz zu. Links der linken Spur, wenige Meter nach dem Turmblick, haben Unbekannte auf einem Pfahl ein Mahnmal der kaputten Reifen errichtet: Acht zerstörte Karkassen übereinander erinnern an die unzähligen Gürtelreifen, die dem Straßenverkehr geopfert werden.

An leeren Ferientagen vergehen von hier bis zum ICC fünf Sekunden. Jetzt dauerten sie 20 Minuten. Man hatte Gelegenheit, zwei Automodellrennfahrern beim Training zuzusehen. Das, was mal die Nordkurve der Avus gewesen sein muss, ist nun Rennbahn für benzinbetriebene Kleinstfahrzeuge. Ein Mann und ein Junge verschlechterten mit der Funkfernsteuerung in der Hand ihre persönlichen Kohlendioxidbilanzen.

Unruhig und ungeordnet wurde der Stau, als er sich mit dem zähen Verkehrsfluss von der südlichen A 100 in Höhe des ICC vermischen musste. Dort hatte man ab der Zufahrt vom Kurfürstendamm gestanden. „Vollsperrung“ stand auf den Schildern – das war’s. Von drei auf zwei Spuren ging es, dann auf eine. Der informierte Berliner wusste alles aus der Zeitung und ließ, ausnahmsweise tolerant, den Kraftfahrer aus EF oder MSP oder Italia vor, der, noch unter dem Schock des Wortes „Vollsperrung“ stehend, sich fragen mochte, wie es weiterging.

Rechts neben den fünf Spuren, die am südlichen Ende des ICC in Richtung Norden führen, ein kleines Umleitungsschild. Am ICC vorbei war der Stau so schwergängig, dass Fahrer aus EF oder Italia in Ruhe ihre Karten lesen konnten. Ab und zu ein Umleitungsschild. Über Fürstenbrunner Weg und Rohrdamm (lange nicht hier gewesen) ging es hoch bis Siemens, wo die Umleitung wieder auf die Stadtautobahn Richtung Norden führt. Zwei Fachmänner der „Verkehrslenkung Berlin“ standen dort bereit. „Da rauf“, brüllten sie in fragende Gesichter und wiesen auf die Zufahrt. Der Weg zurück, diesmal über den Tegeler Weg nach Süden, zeigte: Der Stau auf dieser Strecke war nicht kürzer. wvb.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false