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Berlin: Wohlfahrtsverband hält bisherige Arbeitsmarktpolitik für überholt

Mit der herkömmlichen öffentlich geförderten Beschäftigung ist der Arbeitslosigkeit in Deutschland nicht beizukommen. "Die Arbeitsmarktpolitik ist überholt.

Mit der herkömmlichen öffentlich geförderten Beschäftigung ist der Arbeitslosigkeit in Deutschland nicht beizukommen. "Die Arbeitsmarktpolitik ist überholt." So lautet das Fazit von Oswald Menninger, dem Geschäftsführer des Berliner Landesverbandes des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes. "Das Modell Deutschland ist ausgelaufen." Die Vorstellung eines Arbeitsleben mit 40 Wochenstunden und 40 Erwerbsjahren entspreche nicht mehr der Realität. Mit diesen Fragen beschäftigt sich ein Positionspapier des Berliner Landesverbandes, das derzeit auf Bundesebene des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes diskutiert wird. In Berlin gehören dem Dachverband 500 Wohlfahrtsorganisationen an, die insgesamt 2500 Einrichtungen in der Stadt betreuen.

Nach Auffassung des Landesverbandes lohnt sich ein Blick in europäische Nachbarländer wie Niederlande, Schweden oder Dänemark, wo anders als in Deutschland Erfolge bei der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit erzielt worden seien. Wie Menninger sagt, muss die Reform der Alterssicherung zu einer staatlichen Grundrente führen, die durch private und betriebliche Vorsorge ergänzt wird. "Dies fördert die Bereitschaft zu Teilzeitarbeit." Ein weiterer Punkt sei die Schaffung eines Niedriglohnsektors, der durch einen staatlichen Mindestlohn ergänzt wird. Damit soll die Bereitschaft des Einzelnen gefördert werden, selber wieder aktiv zu werden. "Bei bestimmten nicht-qualifizierten Tätigkeiten wird Tariflohn nicht gehalten werden können", sagt Menninger. Sinnvoll sei es auch, Arbeitslosen- und Sozialhilfe zusammenzulegen und am besten in die Verantwortung der Kommunen zu übergeben. Dadurch träten weniger Reibungsverluste auf.

Reformbedarf sieht der Wohlfahrtsverbands-Geschäftsführer auch beim zweiten Arbeitsmarkt, der öffentlich geförderten Beschäftigung. Für bestimmte Zielgruppen, die sich nicht ohne weiteres in eine reguläre Beschäftigung vermitteln lassen, müsse es auch weiter dauerhaft einen zweiten Arbeitsmarkt geben, der sich aber am Markt orientiert und beispielsweise mit Lohnkostenzuschüssen die Leistungsdefizite ausgleicht. Darüber hinaus muss nach Menningers Worten vor allem die berufliche Weiterqualifizierung mit einem hohen Praktikumsanteil geben. Der Paritätische Wohlfahrtsverband schlägt vor, die Maßnahmen von Beschäftigungsträgern umsetzen zu lassen, die Arbeitsplätze aber in normale betriebliche Strukturen zu integrieren. Dem widersetzten sich jedoch die Arbeitsämter, da dies dem Gesetz zur Arbeitnehmerüberlassung widerspricht.

Kritik übte Menninger an der bisher üblichen Praxis, Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen aus wahlpolitischen Zielen einzusetzen. Er habe die Erfahrung gemacht, dass seit Mitte der 80er Jahre immer kurz vor Wahlen die Zahl der ABM stark erhöht werde, um kurzfristig die Arbeitslosenzahlen zu senken: "ABM ist zu einem Wahlkampfinstrumentarium verkommen."

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