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Wohnen in Berlin: Mieten steigen, Einkommen sinken

Die Einkommen stagnieren, die Preise für Mieten steigen: Die Preise für Wohnungen sind im Schnitt sechs Prozent teurer als im Vorjahr. Besonders betroffen von der Entwicklung sind Familien mit Kindern, sie verlassen die Innenstadt. Der Senat reagiert.

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Stagnierende Einkommen in Berlin führen angesichts der stetig steigenden Mieten zu einer dramatischen Situation am Berliner Wohnungsmarkt. Dies zählt zu den wichtigsten Ergebnisse von zwei gestern vorgestellten und darin übereinstimmenden Marktberichten. Der Report der landeseigenen Investitionsbank Berlin (IBB) stellt ferner einen Mangel an Wohnraum für Familien mit Kindern in der Innenstadt fest. Zudem träten Immobilienspekulanten in beliebten Lagen von Friedrichshain und Mitte auf den Plan – anders sei der Leerstand von Wohnungen in diesen Quartieren nicht zu erklären.

Nach dem Bericht, den die Wohnungsbaugesellschaft GSW zusammen mit dem Maklerhaus Jones Lang Lasalle vorstellte, stiegen die Mieten der in Inseraten angebotenen Wohnungen berlinweit um sechs Prozent gegenüber dem Vorjahr. Den stärksten Anstieg habe es in den Bezirken Charlottenburg-Wilmersdorf, Mitte und Steglitz-Zehlendorf gegeben. Aber auch der Bergmannkiez und das Paul-Linke-Ufer in Kreuzberg sowie der Bayerische Platz und Friedenau in Schöneberg seien besonders stark vom Mietenauftrieb betroffen.

Die Senatorin für Stadtentwicklung, Ingeborg Junge-Reyer (SPD), sagte, dass „von einer angespannten Marktlage für Berlin nicht gesprochen werden kann“. Dennoch greift der Senat jetzt ein: In 14 Großsiedlungen und in einfachen und mittleren Wohnlagen des sozialen Wohnungsbaus werden die Mietobergrenzen von 5,35 beziehungsweise 5,75 je Quadratmeter nicht erhöht. Das belastet den Landeshaushalt mit insgesamt 3,5 Millionen Euro, und die städtischen Wohnungsunternehmen müssen auf höhere Mieteinnahmen verzichten. Die Grünen und der Verband der Berlin-Brandenburgischen Wohnungsunternehmen (BBU) forderten gestern eine grundlegende Reform der sozialen Wohnungsbauförderung.

Der Verfasser der IBB-Studie, Arnt von Bodelschwingh, wies darauf hin, dass Berlin „bei der Einkommensentwicklung seit Jahren gegenüber München und Hamburg zurückfällt“. Sogar in Dresden seien die Haushaltseinkommen höher. Und während von 1998 bis 2006 die Einkommen in Berlin nur um durchschnittlich elf Prozent stiegen, erhöhten sich die Mieten etwa in Mitte und Friedrichshain-Kreuzberg um 25 Prozent. Große Teile der Innenstadtbewohner fänden keine bezahlbare Wohnung mehr, wenn sie umziehen müssten. Besonders betroffen seien Familien mit Kindern. Diese zögen an den Stadtrand, sofern sie es sich leisten könnten. Aber die Zahl der Kinder sei besonders hoch in Quartieren mit sozialen Problemen und geringen Mieten, etwa in Südneukölln.

Außerdem schlage in Szene-Kiezen wie Friedrichshain jetzt die Stunde der Spekulanten, sagt von Bodelschwingh. Dort wird für Immobilien doppelt so viel bezahlt wie in Neukölln. „Denn die Käufer rechnen bei einem Mieterwechsel mit viel höheren Mieten.“ Wegen der hohen Mietpreise wandere sogar die „Szene“ ab, die innerstädtische Quartiere so beliebt macht: Die Bewohner ziehen aus dem Samariterviertel und vom Boxhagener Platz, aber auch aus dem Kreuzberger Wrangel- oder Graefekiez und der Reichenberger Straße in den Neuköllner Reuterkiez um.

„Attraktiv wird Neukölln, weil die Angebotsmieten niedrig sind, die Baustruktur aber vergleichbar und Friedrichshain noch gut erreichbar ist“, so von Bodelschwingh. Matthias Kämmer von der IBB bezweifelt deshalb, dass „die soziale Mischung in der Innenstadt auf Dauer erhalten bleibt“. Der Berliner Mieterverein nannte die Entwicklung „besorgniserregend“ und forderte eine Änderung des Wirtschaftsstrafgesetzes, um „Mietpreisüberhöhungen“ zu verhindern.

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