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Der Regierende Bürgermeister Michael Müller im Februar 2016 auf der Baustelle des Hochhauses „Upper West“.

© Tsp/Thilo Rückeis

Wohnungsbau in Berlin: Entwicklung am Stadtrand, Stillstand im Zentrum

City West, historische Mitte am Roten Rathaus, die großen Innenstadtareale: Rot-Rot-Grün in Berlin hat damit trotz Wohnungsnot keine Eile. Die CDU macht Druck.

Bei der Entwicklung von innerstädtischen Brachen und Freiflächen spielt der Senat auf Zeit – deshalb will der frühere Koalitionspartner der SPD Druck machen, und zwar mit Änderungsanträgen im Haushalt. „Die zentralen innenstädtischen Projekte werden ausgebremst“, sagt der Generalsekretär der CDU, Stefan Evers: „Dabei müssen genau dort die Prioritäten gesetzt werden“. Deshalb will Evers nun jene Vorhaben „reaktivieren“, über die mit der SPD früher einmal „Konsens“ herrschte.

Die Verdichtung der City West nördlich des Bahnhofs Zoo und die Umgestaltung der Brache gegenüber dem Roten Rathaus, wo vor dem Krieg mal die historisch gewachsene Mitte Berlins lag, sollen wieder in den Blick der Planer rücken. Außerdem fordert die CDU mehr Tempo bei der Ausgestaltung des „Hochhausentwicklungsplans“, der bereits „im kommenden Jahr stehen muss“, fordert Evers – und nicht erst Ende 2019. Für Neubauten im inneren Spreebogen nördlich von Kanzleramt und Marie-Elisabeth-Lüders-Haus fordert die CDU auch Geld für eine „Machbarkeitsstudie“. Sogar an einem Tabu rüttelt Evers: Die Elisabeth-Aue in Pankow soll runter von der schwarzen Liste und Baufläche werden.

Pläne für Tegel

Eine Siedlung auf diesen landwirtschaftlich genutzten Flächen haben SPD, Linke und Grüne zwar im Koalitionsvertrag ausgeschlossen. Andererseits ist der Regierung durch den Volksentscheid zu Tegel ein ganz zentrales und gigantisches Entwicklungsgebiet vorerst verloren gegangen. Am Rande des Rollfeldes sollte nach dem Ende des Flugbetriebs nicht nur eine neue Siedlung („Schumacher-Quartier“) mit mindestens 5000 Wohnungen entstehen, sondern außerdem sollten rundherum viele 100 Miethäuser entstehen. Neubauten waren etwa in der früheren Alliierten-Siedlung „Cité Pasteur“ geplant oder auch im Umfeld dieser Gebiete. Das Potenzial in dieser Gegend hatte Senatsbaudirektorin Regula Lüscher mal am Rande einer Veranstaltung sogar mit 25 000 Wohnungen beziffert. Die dazu nötigen städtebaulichen Eingriffe wollte der Senat in einem Abwasch durch neue Festlegungen im Flächennutzungsplan vornehmen. Doch seit dem Volksentscheid sind diese Arbeiten bis auf Weiteres „zurückgestellt“.

Die Wohnungsnot wächst

Dabei wächst die Wohnungsnot weiter. Allein in den ersten sechs Monaten des vergangenen Jahres kamen 35.000 mehr Menschen nach Berlin als aus der Stadt fortzogen, meldet das Amt für Statistik. Hält der Trend an, dann wächst die Bevölkerung um 70.000 Menschen pro Jahr. Um sie unterzubringen, bräuchte es statistisch mehr als 35.000 Wohnungen. Das sind drei mal mehr Wohnungen als im vergangenen Jahr fertiggestellt wurden. Hinzu kommt: Die meisten Neuberliner haben nur geringe Einkünfte und bräuchten billige Miet- oder Sozialwohnungen. Doch deren Zahl nimmt nicht zu, sondern ab – und zwar stark. Deshalb gelingt es dem Senat auch nicht, die Notunterkünfte planmäßig freizubekommen – am Wohnungsmarkt sind viele der dort fest sitzenden Menschen chancenlos.

Das Dilemma ließe sich lösen durch günstigen Neubau auf landeseigenen Flächen. Der Senat hat dazu (einschließlich Tegel) elf „neue Stadtquartiere“ aufgelistet, meist am Stadtrand (unter anderem Buch, Lichterfelde-Süd, Adlershof, Buckow, Wasserstadt Spandau). Die von der CDU nun außerdem angemahnte Weiterentwicklung der Zentren führt der Koalitionsvertrag zwar als „besondere Orte“ auf, die „attraktiv“ weiterzuentwickeln seien. Priorität klingt aber anders.

Hochhäuser in der City West

CDU-Generalsekretär Evers findet das falsch, zumal der Senat sich „sogar des Denkmalschutzes bemächtigt, um beispielsweise den Bau von Hochhäusern in der City West zu verhindern“. Anders als durch Ideologie sei dies nicht zu rechtfertigen. Gerade zwischen Bahnhof Zoo und Ernst-Reuter-Platz sei „mehr Dichte“ durch höhere Häuser möglich, weil dort ohnehin schon überwiegend Verwaltungen, Betriebshöfe und Gewerbe ansässig seien und es kein belebter Kiez wie in den Wohnquartieren Charlottenburgs sei.

Die Chancen, dass der Antrag angenommen wird? „Aussichtslos“, sagt Evers – „und trotzdem unerlässlich.“

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