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In Berlin wird gebaut - und darüber gestritten.

© Kitty Kleist-Heinrich

Wohnungsbau in Berlin: Mehr Verwaltung soll schneller schlichten

Der Senat will Investoren und Behörden bei strittigen Bauprojekten schneller helfen – und setzt statt einem Gremium gleich drei ein.

Berlin - Erst hartnäckiges Nachfragen führte zum Ziel: Wie viele im Berliner Verwaltungsdschungel festgesetzte Bauvorhaben denn durch Einsätze der „Wohnungsbauleitstelle“ der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung auf den Weg gebracht werden konnten? Das konnte die vor knapp fünf Jahren eingesetzte Leiterin Grit Schade am Dienstagmittag nicht sagen. Am Abend reichte die Verwaltung die Antwort nach: Etwa bei der Hälfte der 400 Fälle, in denen sich streitende Investoren, Amtsträger und Behörden ineinander verkeilt hatten, gelang die Schlichtung, aber bei einigen dauert es „Jahre“.

Auch deshalb werden längst nicht so viele Wohnungen gebaut wie nötig. Da helfen nur noch mehr Gremien mit noch mehr Beteiligten aus noch mehr Ressorts, dachte sich der Senat – und beschloss am Dienstag zur „Beschleunigung des Wohnungsbaus eine dreistufige Entscheidungsstruktur für Konfliktfälle“.

Ab Juni ist mit ersten Entscheidungen zu rechnen

Zur Leitstelle hinzu kommt nun eine „Entscheiderkonferenz auf Senatorenebene“. Die soll es richten. Und falls dieser das Unmögliche auch nicht gelingt, nach zweimaliger Befassung mit einem umstrittenen Bauprojekt, dann durchschlägt eben der Senat unter Leitung des Regierenden Bürgermeisters Michael Müller den gordischen Knoten.

Nach schneller Schlichtung klingt das eher nicht, hätte der Senat nicht Fristen festgesetzt, innerhalb derer künftig die Entscheidungen fallen müssen: Auf „Fachebene“ wird die Leitstelle eben nicht mehr jahrelang moderieren, abwägen und ausloten, sondern hat dafür nur zwei Monate Zeit. Danach legt sie die Lösungen der Entscheiderkonferenz vor. Und da diese wiederum monatlich tagt, ist das Projekt (bei zweimaliger Befassung) nach vier Monaten genehmigt.

„Ab Juni ist mit den ersten Entscheidungen zu rechnen“, sagte die Senatorin für Stadtentwicklung Katrin Lompscher (Linke). Die Autonomie der Bezirke werde nicht angetastet. Als Beispiel festgefahrener Projekte nennt sie Unverfängliches: Dass Verwaltungen nicht mehr wissen, wohin mit Erdaushub, der beim Ausheben der vielen Baugruben anfällt.

Ferienwohnungen: 60 Tage Vermieter sein

Zumal die Stadtentwicklung auch durch einen zweiten Senatsbeschluss neue Impulse bekommen soll: durch die Änderung des Zweckentfremdungsverbotes. Ab sofort darf, wer sich beim Bezirksamt anmeldet und ein Vermieter-Nümmerchen zieht, die eigene Bleibe 60 Tage im Jahr als Ferienwohnung vermieten. Wann, wie oft und wie lange der Hauptmieter das tut, muss er bis Mai des Folgejahres der Behörde zu Protokoll geben.

Überraschend kam das ebensowenig wie die Streichung der stillschweigenden Genehmigung von Ferienwohnungen, wenn das Amt zu lang für die Prüfung des Antrags braucht. Sputen müssen sich nun Immobilienbesitzer: Vor der Neuvermietung einer Wohnung dulden die Behörden maximal drei Monate Leerstand, bisher waren es sechs.

Lob von Mietern und Wohnungsunternehmern

Und auch das beschloss der Senat: Einen eher ernüchternden Bericht zum Ausstieg aus der Förderung des Sozialen Wohnungsbaus vor rund 15 Jahren. Der damalige Finanzsenator Thilo Sarrazin hatte den mit gewaltigen Einsparungen begründet, in Höhe von zwei Milliarden Euro. Nur die Hälfte dieser Summe wurde tatsächlich eingespart, gut eine Milliarde Euro. Denn wegen des abrupten Ausstiegs wurden Bürgschaften des Landes fällig, nachdem Eigentümer der Sozialimmobilien pleite gegangen waren.

Berlins größter Wohnungsverband BBU lobte den Senat: Das dreistufige Modell sei „ein sehr guter Schritt, mit dem Bauprojekte beschleunigt werden könnten“. Der Mieterverein lobte die Verschärfung der Zweckentfremdung, weil diese auch den Abriss günstigen Wohnraums zugunsten teurer Neubauten erschwere.

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