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Vom Park Babelsberg (rechts oben) aus gibt es nur noch eine freie Sichtbeziehung zur Innenstadt.

© Lutz Hannemann

Wohnungsbauprojekt in Potsdam: Potsdam droht der Entzug des Welterbe-Titels

Durch 270 geplante Wohnungen droht Potsdam auf der Roten Liste der gefährdeten Unesco-Welterbestätten zu landen. Das findet der OB ungerecht.

„Ich halte diese Drohung für unangemessen.“ Mit diesen Worten hat der Potsdamer Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) auf die Ankündigung reagiert, dass seine Stadt auf der Roten Liste der gefährdeten Unesco-Welterbestätten landen könnte. Damit hatte die internationale Denkmalpflege-Organisation Icomos gedroht, die ein Neubauprojekt für 270 Wohnungen scharf kritisiert hat. Die Nichtregierungsorganisation berät die Unesco, die wiederum Potsdams Park- und Schlösserlandschaft im Jahr 1990 zum Welterbe erklärt hatte.

Keine Entscheidung vor September

Allerdings gibt sich Jakobs kompromissbereit. „Wir werden das nicht leichtfertig von der Hand weisen, was da an Bedenken geäußert wird“, sagte er. In einem Brandbrief hatte der Vize-Chef von Icomos Deutschland, Christoph Machat, der Potsdamer Baubehörde unter anderem vorgeworfen, dass bei dem Bauprojekt nicht zwischen wohnungswirtschaftlichen und denkmalpflegerischen Belangen abgewogen worden sei.

Konkret geht es um eine Fläche an der Nuthestraße, wo ein Berliner Investor rund 270 Wohnungen plant – in der Pufferzone zum Welterbe, wo die Bauvorschriften strenger sind. Nicht nur Icomos, sondern auch das Landesdenkmalamt fordert, dass auf einen Teil der Bebauung – 80 Wohnungen – verzichtet wird, weil sonst die letzte Sichtachse vom Babelsberger Park in die Innenstadt zerstört würde. Auch die Schlösserstiftung kritisierte, dass die Stadt einen Verzicht bisher ablehnt und dafür den Verlust des prestigeträchtigen Welterbetitels in Kauf nehme.

Jakobs sagte hingegen, die Stadt habe sich mit Bedenken auseinandergesetzt. Gleichwohl sei der Meinungsbildungsprozess „in dieser zugespitzten Situation“ noch nicht abgeschlossen. Im September sei ein weiteres Gespräch mit Icomos geplant. Vorher werde es keine Entscheidung geben, eine Vorlage für die Stadtverordneten über die Pläne sei erst Ende des Jahres zu erwarten, sagte Jakobs.

„Solange ich OB bin, werden wir diesen Status jedenfalls behalten.“

Unterschiedliche Reaktionen kamen aus der Stadtpolitik, in der auch schon seit Jahren über das Projekt gestritten wird – SPD, CDU/ANW und große Teile der Linken hatten dafür, die Grünen und Die Andere dagegen votiert. Die SPD blieb am Wochenende bei ihrer Linie. Fraktionschef Pete Heuer bezeichnete die Kritik als „nicht neu und nicht richtig“.

Tatsache sei, dass keine Sichtbeziehungen gestört würden, da die Bauten hinter einem Waldsaum „nicht zu sehen sein werden, was aufwendige Simulationen bestätigt haben“. Daher müsse die Stadt eine Überprüfung durch die Welterbe-Hüter nicht fürchten. Letztlich entscheide sowieso die Unesco-Kommission in Paris.

Sie hatte Dresden im Jahr 2009 den Welterbe-Titel wegen des Baus der Waldschlösschenbrücke entzogen. Auf Tourismus und Wirtschaft wirkte sich das nach Angaben der Stadt nicht aus. Jakobs sagte zudem, die Drohungen mit der Roten Liste könnten sich auch verschleißen. Seiner Meinung nach habe sich die Unesco mit dem Entzug des Titels für Dresden selbst keinen Gefallen getan.

Grünen-Fraktionschef Peter Schüler erinnerte daran, dass der Unesco-Status mit der Verantwortung verbunden sei, das Welterbe nicht nur für die Einwohner Potsdams zu erhalten. Sollte die Stadt auf die Rote Liste kommen, wäre dies eine riesige Blamage. Oberbürgermeister Jakobs entgegnete: „Solange ich OB bin, werden wir diesen Status jedenfalls behalten.“ Seine Amtszeit endet im kommenden Herbst.

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