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Mieter fürchten durch Erhöhungen ihre Wohnungen an besser Verdienende zu verlieren.

© K. Kleist-Heinrich

Wohnungskauf in Tempelhof-Schöneberg: Kein Vorkaufsrecht für die Häuser der Großgörschenstraße

Der Bezirk verliert vor dem Landgericht, die Immobilienfirma des Bundes will Häuser lieber an Private verkaufen. Ein Häuserkampf ist entbrannt.

Nicht mal eine kurze Frage mochte Bezirksbaustadtrat Jörn Oltmann beantworten. Verständlich, „sein“ Bezirk Tempelhof-Schöneberg hatte mit seinem Bemühen, das Vorkaufsrecht bei den umkämpften Häusern an der Großgörschenstraße durchzusetzen, gerade am Landgericht eine Schlappe eingesteckt. Und daran, so ließ der Richter erkennen, ist nicht nur eine auslegungsbedürftige Gesetzgebung schuld, sondern auch eine eher legere Handhabe des Verfahrens durch die Bezirksverwaltung selbst.

Der Fall taugt zum Politikum. Denn auf der einen Seite steht die Immobilienfirma des Bundes Bima, die ihre Grundstücke am liebsten meistbietend an private Investoren verkauft. Und auf der anderen Seite Land und Bezirke, die aufgeschreckte Mieter um Hilfe bitten, weil diesen das übliche Schicksal vieler anderer alteingesessener Bewohner ihrer Kieze droht: nämlich durch Mieterhöhungen ihre Wohnungen an besser Verdienende zu verlieren. Das ist im zentrumsnahen Schöneberg keine Seltenheit.

Vorkaufsrecht ist lückenhaft

Hinzu kommt, dass sich der neue rot-rot-grüne Senat die Erhaltung der bedrohten Berliner Mischung in den Kiezen im Koalitionsvertrag aufgegeben hat. Kreuzberger Bezirksbaustadtrat Florian Schmidt (Grüne) hat deshalb jüngst die Ergebnisse eines Kongresses zum Einsatz des Vorkaufsrechtes veröffentlicht. In sozialen Netzwerken musste er sich auch gegen Vorwürfe von Investoren wehren, seine Verwaltung nutze das Vorkaufsrecht, „um Immobilienverkäufer unter Druck zu setzen und privaten Investoren umfassende Einschränkungen aufzuerlegen“, die weit über die gesetzlichen Vorgaben des Milieuschutzes hinausgingen, so die Kanzlei Bottermann Khorrami LLP.

Kurzum, der Häuserkampf ist voll entbrannt und zu den städtischen Werkzeugen im Kampf gegen die Spekulation mit Wohnraum zählt das Vorkaufsrecht. Aber der Streit um die 48 Wohnungen an der Großgörschenstraße macht deutlich, dass dieses Recht lückenhaft und teils widersprüchlich ist, und die Bezirke den Spekulanten damit nicht jede Immobilie vor der Nase wegschnappen können. Vor Gericht wurde außerdem deutlich, dass die Immobilienfirma des Bundes Bima immer noch auf Gewinnmaximierung geeicht ist – den vom Richter angeregten „Vergleich“ lehnte ihr Anwalt ab. Dabei hatte der Richter sogar erkennen lassen, dass er dem Bezirk den Zugriff allenfalls ermöglichen würde, wenn dieser einen höheren Preis bieten würde. Private haben 7,8 Millionen Euro überwiesen, die Gewobag im Auftrag des Bezirks nur 6,35. Und der Richter rügte, dass Bezirk und Gewobag kein klare Ansage gemacht hätten, auch mehr zu bieten, falls sie dazu durch Recht und Gesetz gleichsam gezwungen sind.

Der Streit wird fortgeführt

Aus Sicht des Bezirks bieten Private nur deshalb mehr, weil sie spekulieren wollen: das Hauseigentum „aufteilen“ in getrennte Wohnungen und diese dann gewinnbringend verkaufen. Beweisen lässt sich das nicht, weshalb der Richter auf die Fakten einschwor: Der bereits bezahlte Kaufpreis übersteige den vom Bezirk angebotenen Betrag „nur“ um 23,41 Prozent und sei daher als Ausdruck des Marktgeschehens vertretbar. Deshalb sei der Bescheid, mit dem der Bezirk die Häuser zum niedrigeren „Verkehrswert“ im Rahmen des „Vorkaufsrechts“ übernehmen will, hinfällig, wogegen sich der Bezirk verwehrte.

Einigkeit herrschte nur über einen Punkt: Der Streit wird in der nächsten Instanz fortgesetzt.

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