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Studenten auf Wohnungssuche.

© dpa

Wohnungslos und fern der Heimat: Studenten finden immer schwerer eine Wohnung

Immer teurere Mieten, lange Wartelisten bei den Studentenwohnheimen. Studienanfänger haben in Berlin größte Schwierigkeiten, Unterkünfte zu finden. Nicht einmal WGs helfen.

Ende August war Bente Staak noch anspruchsvoll. Da dachte die 20-Jährige, sie finde ein Zimmer in einem der beliebten Szeneviertel wie Neukölln, Friedrichshain oder Kreuzberg. Ein Zimmer, in das mindestens ein Bett, ein Tisch und ein Schrank passen und das nicht mehr als 300 Euro kosten darf. Schon nach wenigen Tagen weitete sie ihre Suche auf andere Stadtteile aus, vor allem im Südwesten der Stadt. Länger als eine Stunde Fahrzeit mochte sie allerdings nicht in Kauf nehmen. Die Suche scheiterte. „Mit den Absagen ändern sich die Ansprüche“, sagt sie heute.

Seit Mitte Oktober studiert Staak Publizistik an der Freien Universität. Bei einer Bekannten, die wie sie aus einer Kleinstadt in der Lüneburger Heide stammt, hat sie Unterschlupf gefunden. Doch der könne sie nicht „ewig an der Backe hängen“, sagt die 20-Jährige, die natürlich nicht die einzige Studentin auf Wohnungssuche ist. 31500 Erstsemester gibt es in der Stadt, mehr als die Hälfte stammt aus anderen Bundesländern.

Wer auf ein Zimmer im Studentenwohnheim hofft, muss sich beim Studentenwerk auf eine Liste mit etwa 1350 weiteren Wartenden eintragen. Alle 9500 Wohnheimplätze, die das Werk verwaltet, sind derzeit belegt. „Interessierte müssen mit einer Wartezeit von bis zu einem halben Jahr rechnen“, sagt Sprecher Jürgen Morgenstern. Seit zwei Jahren gebe es nicht mehr genügend Plätze, klagt er. Dabei verzeichnete das Werk 2007 noch einen Leerstand von rund neun Prozent. Bis zu 80 Prozent der Heimplätze wurden von ausländischen Studenten bewohnt. „Früher fanden die Studenten die Wohnheime nicht attraktiv genug“, sagt Morgenstern. „Was auch daran lag, dass es lange kein Problem war, anderswo bezahlbaren Wohnraum zu finden“. So sei das Studentenwerk wegen der sinkenden Nachfrage in den 1990ern und 2000er Jahren gezwungen gewesen, sanierungsbedürftigen Wohnraum aufzugeben. 2500 Heimplätze fielen weg.

Miltisa Tekelieva aus Bulgarien steht auf der Warteliste, ebenfalls Studentin der Freien Universität. Vor lauter Not hat die 19-Jährige kürzlich einen Zettel ans Schwarze Brett im Foyer der Silberlaube gehängt. „Ich bin fast obdachlos“, schreibt sie. Über eine Internetplattform hat sie sich in den vergangenen zwei Monaten bei unzähligen WGs beworben – ohne Erfolg. Viel schlimmer sei aber, dass es für 250 Euro, die sie maximal zahlen kann, kaum etwas gebe.

Gerade für die ausländischen Studenten sei die Wohnungsnot ein großes Problem, sagt Studentenwerk-Sprecher Morgenstern. Die Universitäten würden zwar um ausländische Studierende werben, aber dann biete Berlin keine bezahlbare Unterkünfte in Uni-Nähe. Die Stadt müsse sich mehr kümmern, sagt auch Bente Staak. „Wir würden gern mehr Wohnheime bauen, aber nur wenn die Unterstützung durch das Land geboten ist“, sagt Morgenstern, sei es durch die Vergabe von Grundstücksflächen oder durch finanzielle Zuschüsse.

Laut der Senatsverwaltung für Bildung soll das Wohnraumangebot für Studenten ausgebaut werden. Das steht auch im Koalitionsvertrag. Konkret angeschoben wird derzeit aber nichts. Und Ricarda Heubach vom Studentenwerk sagt: „Da wir kein Grundstück zur Verfügung haben, ist derzeit kein Bauvorhaben zur Schaffung neuen Wohnraums für Studenten in Aussicht“.

Es gibt aber inzwischen Bauvorhaben oder zusätzliche Angebote anderer, teils privater Träger: So will die Genossenschaft des Studentendorfes Schlachtensee gemeinsam mit der sozial engagierten Schweizer Pensionskasse in der Wissenschaftsstadt Adlershof für 22 Millionen Euro ein neues Studentendorf mit 377 Appartements und WG-Zimmern bauen. Ab Mitte 2014 sollen die Zimmer dort 340 bis 390 Euro warm kosten. Eine weitere Initiative ist das „Quartier 216“ in einem Plattenbau an der Frankfurter Allee in Lichtenberg. 438 neue Studentenwohnungen für 300 bis 400 Euro sollen dort bis 2013 bezugsfertig sein. Und schließlich gibt es noch ein Luxusprojekt an der Köpenicker Straße in Kreuzberg. Dort will ein Investor bis 2013/14 rund 220 Appartements für etwa 500 Euro warm errichten.

In diesen Tagen beginnt das Studium aber für viele junge Leute noch mit dem Studieren von Anzeigen.

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