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Ein Neubaukomplex für Mehrfamilienhäuser entsteht in Berlin.

© Daniel Naupold/dpa

Wohnungsmarkt Berlin: Koalition setzt Reform des sozialen Wohnungsbaus durch

Für Rot-Rot-Grün steht Neubau und nicht das Mietrecht im Fokus. Die Opposition wirft dem Senat Klientelpolitik vor.

Nicht mal für einen zünftigen Koalitionskrach hat die Reform des sozialen Wohnungsbaus gereicht – nur für eine leise Rüge des Regierenden Bürgermeisters. Man möge sich stärker auf den Neubau als aufs Mietrecht konzentrieren, sagte Michael Müller – aber auch das nur vor Handelsleuten und Industriellen bei der IHK. Deshalb zündet Rot-Rot-Grün die erste Stufe der Reform und beglückt Mieter von rund 17 000 Sozialwohnungen.

Dass dies auch Klientelpolitik sei, sagte der Generalsekretär der CDU Stefan Evers: Die Reform komme einer „extrem begrenzten Zielgruppe“ zugute und dafür sei ein „extremer Haushaltsaufwand“ nötig. Was das höhere Wohngeld wirklich kosten wird, ist allerdings noch unklar.

Nur eine Frage der Zeit

Anderseits: dass eine Reform des sozialen Wohnungsbaus dringend erforderlich ist, darüber sind sich alle Wohnungsmarktexperten einig. Die Absurdität gegenwärtiger Regelungen zeigt sich an Mieten weit oberhalb des Mietspiegels, obwohl die Wohnungen eigentlich für Menschen mit weit unterdurchschnittlichen Einkommen gebaut wurden.

Und unter Häuserhändlern sind Sozialbauten besonders attraktive Spekulationsobjekte, weil dort Mieten auf Grundlage der horrenden früheren Baukosten gefordert werden dürfen, auch wenn der gegenwärtige Besitzer das Haus für viel weniger Geld kaufte. Mit hohen Mieten können sie zudem Altmieter verdrängen. Ein prominentes Beispiel für solche „Entmietungen“ von Sozialbauten ist die Fanny-Hensel-Siedlung nahe dem Potsdamer Platz.

Neuerungen beim Wohngeldzuschuss

Das ändert sich nun, weil keine hohen Mieten mehr mit fiktiven Kosten gefordert werden dürfen. Auch beim Wohngeldzuschuss gibt es Neuerungen. Wer allein wohnt und bis zu 1000 Euro „anrechenbares Einkommen“ hat (drei Personen bis 1883 Euro) und einen „Wohnberechtigungsschein 100“ bezieht, bekommt einen Zuschuss von maximal fünf Euro je Quadratmeter (zuvor: 2,50 Euro). Vier Gruppen unterschiedlich hoher Zuschüsse, abhängig vom Einkommen, gibt es künftig.

Für alle gilt: Der Zuschuss darf nicht die Hälfte der Bruttomiete übersteigen. Neu ist auch, dass der Zuschuss auf die Warmmiete angerechnet wird statt auf die Kaltmiete. Sozialbauten haben teilweise hohe Nebenkosten wegen minderer Bauqualität oder auch mal teurer Wärmelieferverträge mit Dienstleistern. Bedürftige könnten sich bisher bis zu 13 Euro je Quadratmeter teure Mieten nicht leisten, nun sei ein Großteil der Sozialbauten erschwinglich, so Katrin Schmidberger von den Grünen.

Außerdem dürfen Eigentümer nicht mehr nachträglich Mieterhöhungsspielräume ausnutzen; bisher war dies bis zu 27 Monate rückwirkend noch möglich.

Reform des sozialen Wohnungsbaus

„Wenn wir ernst zu nehmende Angebote bei der sozialen Wohnraumversorgung machen wollen, muss man solche Korrekturen machen“, sagte Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher. Das nun beschlossene „Vorschaltgesetz“ sei die zweite Stufe des „Verfahrens“, das mit der Rücknahme von Mieterhöhungen bei Landesfirmen Anfang des Jahres begonnen hatte. Nun folge mit der grundlegenden Reform des sozialen Wohnungsbaus der dritte Schritt. Dann will die Koalition auch den Missstand beenden, dass Käufer von Sozialbauten die Erstellungskosten zur Mietkostenberechnung ansetzen statt des von ihnen selbst bezahlten (oft niedrigeren) Kaufpreises. Das verteuert die Sozialmieten.

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