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Mehr Wohnungen sollen in zentralen Plätzen Berlins gebaut werden - für die Berliner, nicht für Touristen.

© dpa

Wohnungsnot in Berlin: Mehr Wohnungen – aber nicht für Touristen

Per Gesetz will der Senat Zweckentfremdung verbieten, den Spielraum für Mieterhöhungen verringern und den Neubau fördern. Immobilienverbände hingegen nennen das Vorhaben "Schaufensterpolitk" und drohen zu klagen.

Die Party geht vorbei: In zwei Jahren werden Städtereisende kaum noch günstige Ferienwohnungen nahe dem Pariser Platz und in anderen zentralen Stadtlagen bewohnen können – diese sollen ganz gewöhnlichen Mietern vorbehalten bleiben. Ein entsprechendes Verbot von Ferienwohnungen hat der Senat am Dienstag in Gesetzesform gegossen. Damit soll laut Bausenator Michael Müller (SPD) außerdem „spekulativer Leerstand“ bekämpft werden, der Abriss von Wohnhäusern oder auch die Nutzung von Wohnungen durch Gewerbetreibende. Die Wohnungsnot in der Stadt rechtfertige diesen Eingriff in die Eigentumsverhältnisse.

Einen „Baustein für ein wohnungspolitisches Gesamtkonzept“ nannte Müller das Gesetz. Die Einrichtung einer Wohnungsbauleitstelle für bauwillige Investoren, die Kappungsgrenze für reguläre sowie sanierungsbedingte Mieterhöhungen und die Förderung von günstigem Wohnraum zählte er ebenfalls dazu. Zur Förderung, die lange zwischen verschiedenen Senatsverwaltungen und der Parteispitze umstritten war, hatten allerdings die Fraktionsspitzen das letzte Wort. Trotzdem versicherte Müller, er „freue“ sich, „dass sich etwas bewegt“.

Ein Grafik zeigt, wo genau in Berlin die neuen Wohnungen entstehen sollen.
Ein Grafik zeigt, wo genau in Berlin die neuen Wohnungen entstehen sollen.

© TSP

Dem Vernehmen nach hatte die Senatsverwaltung für Finanzen zuletzt einen Entwurf in die Debatte eingebracht, wonach bis zu 40 000 geförderte Wohnungen bis zum Jahr 2025 entstehen könnten – ohne größeren Einsatz landeseigener Mittel. Müller selbst hatte vorgeschlagen, Mittel des Bundes in Höhe von 32 Millionen Euro und dieselbe Summe aus Landesmitteln in einen „revolvierenden Fonds“ einzubringen. Mehrere tausend günstige Wohnungen sollen außerdem die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften bauen, die sich dazu mit 600 Millionen Euro verschulden sollen. Das strebt die SPD-Troika um den Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit, SPD-Chef Jan Stöß und Fraktionschef Raed Saleh an.

Der Senat beschloss außerdem, die maximal mögliche Erhöhung von Mieten zu begrenzen. Grundlage für diese neue „Kappungsgrenze“, die 1,2 Millionen Berliner Haushalte betrifft, war das Mietrechtsänderungsgesetz des Bundes. Künftig darf der Vermieter innerhalb von drei Jahren die Miete nur noch um 15 Prozent anheben – statt der bisher zulässigen 20 Prozent. Mieter der 280 000 städtischen Wohnungen sind noch besser gestellt: Dort dürfen die Mieten um nur 15 Prozent innerhalb von vier Jahren angehoben werden. Die Umlage von Modernisierungskosten hat der Senat im landeseigenen Bestand von elf Prozent auf neun Prozent gekappt. Den privaten Vermietern kann der Senat dieses engere Korsett nicht anlegen, da der Bund für das Mietrecht zuständig ist. Entsprechende Gesetzesinitiativen Berlins im Bundesrat waren gescheitert. Nun hofft Bausenator Müller auf einen Regierungswechsel bei den Bundestagswahlen. Die SPD hat die Mieten zum Wahlkampfthema erhoben.

Eine Klage gegen das Zweckentfremdungsverbot und die Kappungsgrenzen-Verordnung vonseiten der Grundeigentümerverbände ist nicht ausgeschlossen. „Schaufensterpolitik“ nannte sie der Sprecher von Haus & Grund Dieter Blümmel und sagte, beide Vorhaben stünden auf „tönernen Füßen“. Der Senat müsse „mit harten statistischen Fakten nachweisen“, dass eine ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Wohnraum zu angemessenen Bedingungen nicht mehr gegeben sei. Dies lasse sich zurzeit „nicht seriös nachweisen“. Die Immobilienverbände Berlins hatten bereits im Jahr 2000 das damals geltende Zweckentfremdungsverbot von den Gerichten kippen lassen.

Der Chef des Berliner Mietervereins Reiner Wild mahnte zur Eile bei der Umsetzung des Gesetzes. „Und um die Verstöße ahnden zu können, brauchen die Bezirke zusätzliche Stellen“, sagte Wild. In der Frage der Wohnungsbauförderung habe sich „offensichtlich Finanzsenator Ulrich Nußbaum durchgesetzt“. 64 Millionen Euro jährlich seien zu wenig, um „mindestens 2000 neue geförderte Wohnungen bauen zu können, die auf dem Berliner Markt benötigt werden“. Der Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen forderte, mehr Wohnungen zu bauen statt Verordnungen zu erlassen.

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