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Erstmal Urlaub. SPD-Fraktionschef Raed Saleh wartet noch ab, ob er in die Kampfkandidatur gegen Parteichef Jan Stöß geht.

© dpa

Wowereit-Nachfolge in Berliner SPD: Raed Saleh: Suchen bis nach Ostern

SPD-Fraktionschef Raed Saleh hält sich die Kandidatur für den Parteivorsitz bis nach dem Urlaub offen. Parteiintern wird ihm vorgeworfen, den Fragen der Basis aus dem Weg zu gehen. Schadet seine Ausweichtaktik der Partei?

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Julia Schimeta ist sauer. „Wir sind doch kein Karnevalsverein“, schimpft die Vorsitzende des SPD-Kreisverbands Friedrichshain-Kreuzberg. Wie alle anderen Berliner Genossen kann sie jetzt täglich in der Zeitung lesen oder im Radio hören, dass der SPD-Fraktionschef Raed Saleh angeblich für den Landesvorsitz der Berliner Sozialdemokraten kandidieren will. „Das schadet der Partei“, sagte Schimeta am Dienstag dem Tagesspiegel. Wenn Saleh gegen den amtierenden SPD-Landesvorsitzenden Jan Stöß antreten wolle, müsse er „den Mut und den Anstand haben, sich gegenüber der eigenen Partei klar zu positionieren“.

Schimeta warf dem Parteifreund Saleh vor, mit seinem Griff nach dem SPD-Landesvorsitz abgewartet zu haben, bis fast alle Kreisverbände ihre Delegiertenversammlungen beendet hatten, auf denen auch die Kandidaten für den künftigen SPD-Landesvorstand nominiert wurden. Bis zum Wahlparteitag am 17. Mai sei es jetzt nicht mehr möglich, über eine Gegenkandidatur des SPD-Fraktionschefs in einem geordneten Verfahren zu diskutieren. So müsse sich Saleh den Fragen der Parteibasis nicht mehr stellen, sagte Schimeta. „Das war wohl sein Kalkül.“ Sie appellierte an die anderen Kreisverbände, ihre Nominierungen zugunsten von Stöß nicht mehr umzuwerfen.

Irriterite Genossen auch in anderen SPD-Kreisverbänden

Die heftige Kritik Schimetas hat wohl auch damit zu tun, dass Friedrichshain-Kreuzberg die politische Heimat des SPD-Landeschefs Stöß ist, der die Parteiführung behalten will. Aber auch in anderen SPD-Kreisverbänden sind die Genossen irritiert und verärgert. „Bei uns gibt es keine Wechselstimmung und ich hielte es für unklug, alle zwei Jahre den Landeschef auszuwechseln“, sagte der SPD-Kreisvorsitzende in Steglitz-Zehlendorf, Ruppert Stüwe. Parteichef Stöß nahm den innerparteilichen Unmut dankbar auf. „Wir haben mit dem Volksentscheid zu Tempelhof und der Europawahl wichtige Entscheidungen vor uns, für die wir alle in der SPD Berlin mit Geschlossenheit arbeiten müssen“, mahnte er. Er stehe mit seiner erneuten Kandidatur für den Landesvorsitz für Kontinuität und Stabilität im Landesverband. Gefühlt hat Stöß derzeit eine Mehrheit in den Kreisen (siehe Kasten).

Vielleicht hat Saleh die Stimmung in der eigenen Partei falsch eingeschätzt. Jedenfalls bemühte er sich am Dienstag darum, die Wogen zu glätten. Man müsse jetzt „eigene Wünsche hinten anstellen“, sagte er bei einem Rundgang mit dem neuen Zoochef Andreas Knieriem im Tierpark (siehe dazu auch Seite 9). Saleh jedenfalls sagte am Dienstag: „Das wichtigste ist Stabilität für die Partei“, die wieder bessere Umfragewerte erreichen müsse. Eine Nachfolgedebatte um das Amt des Regierenden Bürgermeisters sei da nicht hilfreich.

"Wer Saleh unterschätzt, macht einen großen Fehler"

Trotzdem wird diese Debatte geführt. Ein erfahrener SPD-Mann brachte es auf den Punkt. „Hier geht es um den Showdown bei der Wowereit-Nachfolge. Wer Saleh da unterschätzt, macht einen großen Fehler.“ Und der SPD-Kreischef in Lichtenberg, Ole Kreins sagte: Es gehe jetzt um die Frage, mit wem die SPD künftige Wahlen gewinnen könne. Sollte Saleh gegen Stöß antreten und neuer SPD-Landeschef werden, wäre die Frage entschieden, wer Wowereits Kronprinz wird. Viele Genossen bezweifeln aber, dass der Parteitag am 17. Mai der richtige Ort und Zeitpunkt für die Klärung dieser Frage ist. Ein Funktionär warnte: „Ich rate dringend von einer Schlammschlacht auf dem Parteitag ab.“

Der SPD-Fraktionschef müsste sich eine Mehrheit der Parteitagsdelegierten erst organisieren. Und so fährt der kühle Rechner und emsige Strippenzieher erst einmal in den Osterurlaub. Danach, sagte Saleh, „wird weiterdiskutiert“. Bis dahin müssen sich die ratlosen Genossen selbst einen Reim auf Salehs Karriereabsichten machen. Übrigens gibt es in der SPD nicht wenige Parteimitglieder, die weder von Saleh noch von Stöß in den Wahlkampf 2016 geführt werden wollen. „Schauen wir erst mal, wie sich beide entwickeln und ob nicht noch andere Namen auftauchen“, ist zu hören. Auch eine Mitgliederbefragung über die Spitzenkandidatur ist weiterhin im Gespräch.

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