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Berlin: Wowereit schließt ICC-Abriss nicht aus

Regierungschef unterstützt Finanzsenator: Falls die Sanierung zu teuer wird, müsse diskutiert werden

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Die Zukunft des Internationalen Congress Centrums (ICC) am Messegelände ist wieder ungewiss. Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) hat den Vorstoß des Finanzsenators Ulrich Nußbaum, wegen einer möglichen Kostenexplosion bei der Sanierung doch einen Abriss des ICC und den Neubau eines Kongresszentrums zu erwägen, indirekt unterstützt.

Der Senat habe 2008 nach Abwägung der Kosten zugunsten einer Sanierung des ICC entschieden. Nach damaliger Einschätzung sei die Sanierung im Vergleich zum Abriss und Neubau eines Kongresszentrums die günstigere Variante. „Wenn es jetzt neue Erkenntnisse gibt, müssen die offen diskutiert werden“, sagte Wowereit am Donnerstag im Abgeordnetenhaus. Die Stadtentwicklungsverwaltung werde bis zum Jahresende ein Bedarfsprogramm für das ICC vorlegen. Dieses Nutzungskonzept werde dann drei Monate geprüft. Erst danach, so Wowereit, könne eine neue Kostenberechnung vorgenommen werden.

Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linke) sagte, er stehe zwar zum Senatsbeschluss zur ICC-Sanierung. Angesichts der neuen öffentlichen Debatte sei es aber „durchaus denkbar, das Paket wieder aufzuschnüren“ und bereits früher diskutierte Alternativen – Abriss und Neubau – zu prüfen.

In der SPD-Fraktion, die vor der Parlamentssitzung tagte, war das Meinungsbild anders: Das ICC soll erhalten und saniert werden. Fraktionschef Michael Müller wies daraufhin, dass auch ein Abriss des Gebäudes samt Neubau „erhebliche Kosten“ verursachen werde. Zumal das ICC asbestbelastet sei. Der SPD-Wirtschaftsexperte Jörg Stroedter kritisierte Nußbaum hart. „Ich bin stinksauer.“ Ohne Not schwenke der Finanzsenator auf die Position des Wirtschaftssenators ein. Gleichzeitig kritisierte Stroedter die Stadtentwicklungsverwaltung, die nicht in der Lage sei, den vom Senat beschlossenen Kostenrahmen einzuhalten.

182 Millionen Euro stehen in der Finanzplanung Berlins für die Sanierung und den Umbau des ICC zur Verfügung. Der Finanzsenator befürchtet, dass die Kosten auf 250 bis 300 Millionen Euro steigen könnten. In diesem Fall müsse die Sanierung noch einmal gegen Abriss und Neubau abgewogen werden. Weil die landeseigene Messe GmbH bisher nicht einmal eine Bedarfsplanung für das ICC vorlegte, hat der Bauausschuss des Parlaments Planungsmittel zur Vorbereitung der ICC-Sanierung in Höhe von 18 Millionen Euro gesperrt. Die Regierungsfraktionen SPD und Linke wollen die Mittel erst freigeben, wenn ein konkretes Nutzungskonzept und auf dieser Grundlage eine realistische Kostenschätzung vorliegt.

Die Linksfraktion reagierte wohlwollend auf den Vorstoß des Finanzsenators. „Die Sanierung des ICC gehört noch einmal auf den Prüfstand“, verwies Fraktionssprecherin Kati Seefeld auf einen Beschluss ihrer Fraktion. „Wenn sich die Finanzierung vernünftig darstellen lässt, können wir aber mit dem ICC leben.“ In der Vergangenheit hatten Wirtschaftssenator Wolf, die Linke, aber auch die Messe GmbH und die Industrie- und Handelskammer (IHK) erfolglos für den Bau eines neuen Kongresszentrums auf dem Gelände der Deutschlandhalle plädiert. Im Mai 2008 beschloss der Senat die ICC-Sanierung.

IHK-Hauptgeschäftsführer Jan Eder lobte gestern Nußbaum, weil er „angesichts der immens hohen Kosten die Reißleine ziehen will“. Statt dreistellige Millionenbeträge in ein Fass ohne Boden zu werfen, müsse der Messe- und Kongressstandort durch ein neues Messezentrum zukunftssicher gemacht werden. Grüne und FDP forderten den Senat auf, endlich ein geprüftes Bedarfsprogramm für das ICC vorzulegen und die Gesamtkosten seriös zu klären. Die FDP schlug erneut vor, private Investoren für das ICC zu suchen. Neben der SPD machte sich gestern die CDU-Fraktion für das ICC stark. Planungssicherheit sei gefragt, aber nicht Abrissbirnen, sagte der CDU-Wirtschaftspolitiker Michael Dietmann.

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