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Berlin: Wowereit setzt auf die sanfte Tour

Das 800-Millionen-Sparpaket des Finanzsenators ist umstritten. Heute verhandeln SPD und Linkspartei Berlins Finanzen bis 2011

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Nicht nur die Linkspartei/PDS, sondern auch große Teile der SPD wollen nach dem Karlsruher Urteil keinen neuen, radikalen Sparkurs einschlagen. Auf die kostenlose Kitabetreuung wird nicht verzichtet, städtische Wohnungsunternehmen werden nicht verkauft, es wird keine Oper oder Hochschule geschlossen. Studiengebühren wird es nicht geben, und es wird nicht mehr öffentliches Personal abgebaut als bisher geplant.

Das bestätigte der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit in einem „Spiegel“-Interview, und er traf damit die Gefühlslage in seiner Partei. „Es geht nicht um eine Verschärfung des Sparkurses, es geht darum, dass er erfolgreich ist.“ Heute werden SPD und PDS im Roten Rathaus über die Finanzpolitik der nächsten fünf Jahre verhandeln.

Diskutiert wird über Vorschläge des Finanzsenators Thilo Sarrazin, der bis 2011 dem Vernehmen nach 800 Millionen Euro zusätzlich einsparen will. Hauptsächlich beim öffentlichen Personal, einschließlich Polizei und Lehrer. Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, die Haushaltsnotlage Berlins nicht anzuerkennen, hat er sein Sparpaket um knapp 100 Millionen Euro aufgestockt, sich aber gleichzeitig von dem Ziel verabschiedet, die Neuverschuldung in Berlin zu stoppen. Nach Modellrechnungen der Finanzverwaltung wäre das auch über 2020 hinaus nicht möglich, selbst wenn Sarrazins „Giftlisten“ komplett realisiert würden.

Frank Zimmermann, ein Sprecher der Berliner SPD-Linken, die zwei Drittel der Parteitagsdelegierten stellt, sagte gestern: „Wir wollen eine Feinjustierung der Sparpolitik. Korrekturen im Detail wird es geben, aber die Potenziale der Stadt – Wissenschaft und Bildung, Wirtschaft und Kultur – gehören nicht auf den Prüfstand.“ Da sehe er eine „hohe Übereinstimmung“ mit der Linkspartei, so Zimmermann. Der Haushalt werde weiter konsolidiert, „aber eine Radikalkur macht keinen Sinn“.

Am Freitag wird die SPD-Linke mit Sarrazin intern über die Konsequenzen aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts reden. Gestern traf sich schon der neue „Reformflügel“ der Sozialdemokraten. Deren Sprecher Fritz Felgentreu unterstützte Sarrazin deutlicher als die linken Genossen. Und ein klarer Sparkurs müsse verbindlich im Koalitionsvertrag mit der PDS festgeschrieben werden. „Nur so bekommen wir eine handlungsfähige Regierung.“ Notfalls müssten die Koalitionsgespräche um ein paar Wochen verlängert werden.

Die Verhandlungskommissionen von SPD und Linkspartei wollen aber versuchen, den vereinbarten Zeitplan einzuhalten und Ende Oktober die Koalitionsvereinbarung vorzulegen. Am Dienstag tagen Landesvorstand und Fraktion der SPD gemeinsam, um die Lage zu beraten. Auch wichtige PDS-Bezirksverbände wie Lichtenberg und Pankow halten dieser Tage Hauptversammlungen ab. Am Donnerstag wird das Abgeordnetenhaus im Rahmen einer aktuellen Stunde über das Karlsruher Urteil debattieren. Wowereit gibt eine Regierungserklärung ab.

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