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Berlin: Wowereit verspricht kostenfreie Kitas nach der Wahl

PDS, Grüne und CDU unterstützen den Plan. Das Geld dafür muss aber noch gefunden werden

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Die öffentliche Kinderbetreuung könnte schon in der nächsten Wahlperiode vollständig kostenfrei werden. Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) kündigte gestern an, dass er dies nach einem Wahlsieg durchsetzen wolle. „Es ist völlig logisch, das erste und zweite Kita-Jahr kostenfrei zu stellen, wenn wir vom 1. Januar 2007 an das dritte kostenlose Kita-Jahr einführen“, sagte er. Einen konkreten Zeitplan nannte Wowereit aber nicht.

Ein Verzicht auf die Kostenbeteiligung der Eltern für die Betreuung der Kinder in einer städtischen oder gemeinnützigen Einrichtung würde nach Darstellung Wowereits zusätzlich 120 Millionen Euro jährlich kosten. Schon die Gebührenfreiheit für das letzte Kitajahr vor der Einschulung, die ab 2007 gilt, war für die rot-rote Koalition ein finanzpolitischer Kraftakt. Trotzdem wurde dies im Rahmen der Schulreform und der damit verbundenen vorgezogenen Einschulung beschlossen. Auch der hohe Anteil an Migrantenkindern in Berlin spielte dabei eine Rolle. Der kostenfreie Kitabesuch soll zur Integration und Sprachförderung dieser Bevölkerungsgruppe beitragen.

Der SPD-Landes- und Fraktionschef Michael Müller wies gestern darauf hin, dass Wowereits überraschende Ankündigung „im Einklang mit den Beschlüssen des SPD-Landesverbands und der Abgeordnetenhausfraktion steht“. Kindertagesstätten seien Bildungseinrichtungen und es wäre gut, wenn aus dieser Einsicht bundesweit Konsequenzen gezogen würden, sagte Müller dem Tagesspiegel. Die Sozialdemokraten hatten bisher vermieden, das Projekt „kostenlose Kita“ schon an die nächste Wahlperiode zu binden. Vor allem mit Rücksicht auf das ausstehende Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Notlage-Klage Berlins.

Hilfreich für Berlin ist allerdings, dass im kleinen Saarland, das ebenfalls unter einer Haushaltsnotlage leidet, der Kitabesuch bereits kostenlos ist. In Rheinland-Pfalz wurde eine ähnliche Regelung beschlossen, weitere Bundesländer überlegen offenbar, sich dem anzuschließen. In Bayern wurde sogar über eine Kitapflicht diskutiert.

In Berlin begrüßten sowohl die Linkspartei/PDS als auch die Grünen das neue Wahlversprechen Wowereits. Beide Parteien gelten als potenzielle Koalitionspartner der SPD nach der Abgeordnetenhauswahl am 17. September. „Der Besuch einer Kita hat sowohl eine soziale als auch eine Bildungsfunktion und fördert die Integration von Migrantenkindern“, sagte der PDS-Landeschef Klaus Lederer. Er stehe „prinzipiell“ hinter Wowereits Ankündigung. „Bildung in Deutschland muss für alle kostenfrei sein.“ Das Problem sei trotzdem, ein solches Angebot aus Landesmitteln zu finanzieren. Lederer geht davon aus, dass die vollständig gebührenfreie Kita nach der Wahl zum Gegenstand von Koalitionsverhandlungen wird.

Auch der Grünen-Fraktionschef Volker Ratzmann sagte gestern: „Alle Anstrengungen, eine kostenfreie Kinderbetreuung zu erreichen, sind gut und richtig.“ Die Grünen hatten schon 2005 einen entsprechenden Antrag im Abgeordnetenhaus eingebracht. Und zwar als „Beitrag zur Verbesserung der Bildungs- und sozialen Chancen von Kindern aus weniger privilegierten Bevölkerungsschichten“. Außerdem entlaste ein solcher Schritt die Berliner Familien finanziell.

Auch die CDU hat keine Bedenken gegen den Wowereit-Plan, wenn eine vernünftige Gegenfinanzierung gefunden wird. In ihrem Wahlprogramm spricht sich auch die Union für eine schrittweise Kostenfreiheit aus. „Trotzdem ist es schizophren, wenn Rot-Rot erst die Kitabeiträge kräftig erhöht und jetzt, vier Wochen vor der Wahl, die Kostenfreiheit verspricht“, sagte Sascha Steuer, Sprecher des CDU-Spitzenkandidaten Friedbert Pflüger. „Das ist doch populistisch.“

Nur die FDP hält wenig von einer beitragsfreien Kita, solange sich die Qualität der Einrichtungen nicht verbessert. Die liberale Bildungspolitikerin Mieke Senftleben verwies gestern auf die schlechten Sprachkenntnisse von Vorschülern trotz Kitabesuchs: Wie berichtet, sprechen zehn Prozent der türkischen Kinder sogar nach über zweijährigem Kitabesuch kaum und 34 Prozent nur fehlerhaft Deutsch, wenn der Migrantenanteil in dem Wohngebiet sehr hoch ist. Dies hatte der jüngste Einschulungsbericht der Gesundheitsverwaltung ergeben. Deshalb müsse man zunächst die Ausbildung der Erzieherinnen verbessern, um sie in die Lage zu versetzen, den Kindern Deutsch als Zweitsprache beizubringen, forderte Senftleben.

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