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Berlin: Wowereit will bis 22 Uhr einkaufen

Senatschef: Läden nur sonntags schließen. Die FDP schlägt vor, den Ladenschluss mit der Katastrophen-Verordnung auszuhebeln

Der Ladenschluss soll in Berlin weitgehend entfallen. Das forderten gestern der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) und die Fraktionen der CDU und FDP im Abgeordnetenhaus. Auch die PDS will die Verkaufszeiten verlängern, jedoch nur sonnabends. Wowereit ging deutlich weiter. Nach seiner „persönlichen Meinung“ sollten alle Geschäfte täglich außer sonntags von 6 bis 22 Uhr öffnen dürfen. Über die Zeiten gebe es aber noch Diskussionsbedarf in der rot-roten Regierungskoalition. Anschließend könne es eine neue Berliner Bundesratsinitiative geben.

Wowereits Vorschlag entspricht einer früheren Bundesratsinitiative, die der damalige CDU/SPD-Senat schon 1999 gestartet hatte. Der Vorstoß liegt in Ausschüssen der Länderkammer aber seit langem auf Eis. CDU-Fraktionschef Frank Steffel verlangte gestern, der jetzige Senat solle die alte Initiative „übernehmen“. Allein am vergangenen Wochenende hätten Tausende Berliner und Touristen die Sonderöffnungszeit bis 18 Uhr zum Shopping in den Einkaufzentren genutzt. Dies zeige, dass eine Aufhebung der Ladenschlusszeiten „verbraucher- und touristenfreundlich ist und den Einzelhandel in Berlin nachhaltig belebt“.

Die PDS hält Verkaufszeiten bis 22 Uhr für übertrieben. Allerdings will der Landes- und Fraktionsvorsitzende Stefan Liebich den Hauptwunsch vieler Händler und Kunden erfüllen: regelmäßige Öffnungszeiten bis 18 Uhr an Sonnabenden. Dafür sollten die Läden auf Sonntagsverkäufe verzichten. Dies beende das gegenwärtige „Chaos“ durch häufige Ausnahmegenehmigungen und erleichtere den Gewerkschaften die Zustimmung.

Liebich will die zweistündige Verlängerung nicht bundesweit durchsetzen, sondern speziell für Berlin – das damit auch „einen Vorteil gegenüber anderen Regionen“ bekomme. Nur Touristen könnten noch die Einnahmen der Händler erhöhen. Dagegen glaube er nicht, dass die Berliner selbst mehr ausgeben würden, wenn sie mehr Zeit dazu hätten. „Über die Kaufkraft in der Stadt mache ich mir keine Illusionen.“

Fraglich erscheint, ob die PDS-Forderung rechtlich machbar ist. Denn die regelmäßigen Verkaufszeiten lassen sich nach Einschätzung des Einzelhandelsverbands allein auf Bundesebene ändern. Eine Stadt kann nur Ausnahmen zu bestimmten Anlässen erlauben. Liebich hat keine juristische Lösung, ist aber „optimistisch, dass sich ein Weg findet“.

Der ungewöhnlichste Vorstoß kommt von der FDP-Fraktion, die seit langem die komplette Abschaffung des Ladenschlusses fordert. Nun verlangt man, Berlin zum Ausnahmegebiet zu erklären, in dem der Ladenschluss nicht gilt – und zwar bis zu einer „Novellierung des Gesetzes auf Bundesebene“. Die Außerkraftsetzung „im öffentlichen Interesse“ sei anhand des Paragrafen 23 möglich, sagte der FDP-Wirtschaftsexperte Klaus-Peter von Lüdeke. Die Ausnahmevorschrift ist eigentlich für Katastrophen gedacht und wurde zuletzt in Sachsen–Anhalt nach der Flut benutzt. Doch Lüdeke sieht auch in Berlin die Bedingung der Katastrophe erfüllt: Die Haushaltsnotlage unterminiere inzwischen „massiv die wirtschaftliche Basis der Stadt“.

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