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Berlin: Wowereit: Wir stehen einen Streik durch Verhandlungen für den öffentlichen Dienst starten Freitag

Regierender Bürgermeister verteidigt harte Linie

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Vor der ersten Verhandlungsrunde des Senats mit den Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes über einen Tarifvertrag für Berlin hat der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) die harte Politik der rot-roten Koalition verteidigt. „Unser Ziel ist es, für den Sonderfall Berlin eine Sonderregelung zu erreichen“, sagte er vor dem Abgeordnetenhaus.

Der Senat habe nicht den Ehrgeiz, Pionier beim Aufkündigen des Flächentarifvertrages zu sein, sagte Wowereit in seiner Regierungserklärung. Es gehe darum, in einer extremen Haushaltsnotlage wieder handlungsfähig zu werden. Wowereit sieht Berlin als Vorreiter: Alle Bundesländer müssten lernen, mit knappen Finanzen auszukommen. Insofern vollziehe sich in Berlin jetzt „beispielhaft ein Wandel, der die ganze Republik betrifft“.

Gegenüber den Gewerkschaften, die mit Streiks drohen und den Ausstieg Berlins aus dem bundeseinheitlichen Tarifverbund nicht akzeptieren wollen, schlug Wowereit versöhnliche Töne an. „Machen wir den Versuch, solidarisch aus dem Schlamassel zu kommen statt unsere Kräfte gegeneinander aufzureiben.“ Niemand im Senat gebe den Beschäftigten in der öffentlichen Verwaltung die Schuld an der Lage Berlins. Trotzdem müssten die Personalkosten auf ein vertretbares Maß verringert werden. Der Senat will den Arbeitnehmern heute eine Nullrunde bei gleichzeitiger Verkürzung der Arbeitszeit und eine Beschäftigungssicherung über 2004 hinaus anbieten. Gleichzeitig betonte Wowereit im Tagesspiegel-Interview die Entschlossenheit des Senats. „Ich hoffe, dass es nicht zum Streik kommt, aber wir würden einen Streik durchstehen.“

Ein Jahr nach der Wahl des SPD/PDS-Senats erinnerte Wowereit an seine damalige Forderung nach einem Mentalitätswechsel „und den Mut, auch harte Konflikte nicht zu scheuen.“ Diesen Anspruch löse die Koalition nun Schritt für Schritt ein. „Der Mentalitätswechsel ist im Gange, ein ,Weiter so!‘ kann es nicht geben, das wissen inzwischen fast alle.“ Dieser Senat habe einen klaren Wählerauftrag zur Sanierung des Landes Berlin.

Der Landes- und Fraktionschef der PDS, Stefan Liebich, erhofft sich Tarifverhandlungen „mit Konsequenz und Augenmaß“. Ein Aufmuskeln beider Seiten sei nicht gefragt. Liebich verteidigte den Berliner Sonderweg, auch wenn es besser gewesen wäre, für Berlin eine Härtefallklausel zu vereinbaren. Der Austritt aus den Arbeitgeberverbänden sei nur die zweitbeste Lösung.

Der FDP-Fraktionsvorsitzende Martin Lindner lobte den Senat, weil er aus dem bundesweiten Tarifverbund ausgeschieden ist. Berlin könne nicht restlos vom öffentlichen Dienst ausgeblutet werden. „Bleiben Sie hart, knicken Sie nicht ein!“, forderte er den Regierenden Bürgermeister auf. CDU-Fraktionschef Frank Steffel kritisierte hingegen die „Kaltschnäuzigkeit“ des Senats, der nachhaltig den Betriebsfrieden im öffentlichen Dienst gestört habe. Auch der Grünen-Fraktionschef Wolfgang Wieland warf der Landesregierung vor, „keine Gelegenheit auszulassen, die Stimmung anzuheizen“.

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