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© ddp

Wowereits Lebensbeichte: "Wir knutschten, bis uns schwindlig wurde"

Kindheit in der Unterschicht, wilde Partys und tiefe Mutterliebe: Morgen stellt Klaus Wowereit unter großem Wirbel seine Autobiografie vor. Und Berlins Regierender Bürgermeister hält Deutschland reif für einen schwulen Kanzler.

Am Zaun des Kanzleramtes hat Klaus Wowereit bisher nicht gerüttelt. Ob er gleiche Ambitionen hat wie einst SPD-Genosse Gerhard Schröder, das wird derzeit nicht nur in Berlin diskutiert. Statt lautstark zu träumen, veröffentlicht Wowereit mit großem Medienrummel seine Autobiografie: "...und das ist auch gut so" nennt er die Lebensbeichte. Mit diesem Spruch hatte er kurz vor seiner Amtszeit als Regierender Bürgermeister Berlins seine Homosexualität mitgeteilt. Doch es ist der Untertitel "Mein Leben für die Politik", mit dem sich "Wowi" für Höheres empfehlen könnte. Bald wird er 54 Jahre alt - in diesem Alter wurde Schröder Kanzler.

Wowereit selber hält die Deutschen inzwischen für ausreichend tolerant, einen Homosexuellen zum Kanzler zu wählen. "Ich glaube, das wäre möglich", sagte er dem Hamburger Magazins "Stern". Obwohl er immer noch viele "Schmähbriefe mit sexistischem Inhalt übelster Art" bekomme, sei die deutsche Gesellschaft insgesamt liberaler geworden. Fragen nach eigenen Ambitionen auf das Kanzleramt beantwortet Wowereit nicht. Das sei "zur Zeit gar kein Thema", sagte er in der N24-Talkshow "Links-Rechts".

Große Buchvorstellung mit Günther Jauch

Unangenehm sind dem Bürgermeister aber weder die Diskussion um seine politische Zukunft noch die Aufregung um das Buch. Die Rechte für den Vorabdruck vergab er nach der Auflagenhöhe der Blätter, räumte er kürzlich ein. Das mit Hilfe eines Journalisten verfasste 300-Seiten-Werk (Karl Blessing Verlag) stellt Wowereit an diesem Donnerstagabend öffentlich vor. Präsentiert wird es von Deutschlands beliebtestem Moderator und "Oberlehrer": Günther Jauch.

"Woher komme ich? Was treibt mich an?" - Antworten auf diese Fragen will Wowereit laut ersten Auszügen in "Bild" geben. Während Joschka Fischer in den 90er Jahren über Außenpolitik schrieb und sich damit als Grüner für das Auswärtige Amt empfahl, verbindet Wowereit in seinem Buch Privates und Politisches.

Wowereit spricht auch über seine Mutter

Er schildert erste Party-Erfahrungen mit Mädchen ("Wir haben geknutscht, bis uns schwindelig war. Unsere Auftritte waren legendär."), frühe homosexuelle Gefühle ("Ich ahnte, dass ich mich eher zu Männern hingezogen fühlte.") und seine Entscheidung gegen das weibliche Geschlecht und für seinen langjährigen Freund ("Jörn zwang mich zu einer Entscheidung, und das war gut so.").

Prägend für Wowereits Karriere waren aber nach eigener Aussage seine Herkunft aus der Unterschicht und seine Mutter Hertha, die als Putzfrau arbeitete. Als Alleinerziehende kämpfte sie für den beruflichen Aufstieg ihres jüngsten Sohns. Wowereit pflegte die kranke Mutter später lange und betonte immer seine enge Beziehung zu ihr. Ähnlich spricht auch Schröder über seine Herkunft und das Verhältnis zur Mutter.

Ob Wowereit auch in der SPD und der Bundespolitik an Schröders Erfolge anknüpfen kann, ist allerdings ungewiss. Zwar dürfte er laut Umfragen beliebter sein als viele seiner Parteifreunde, SPD-Chef Kurt Beck eingeschlossen. Anerkannt sind inzwischen auch seine Erfolge bei der Konsolidierung des maroden Berliner Haushalts und sein Einsatz für die Hauptstadt. Doch der Name Wowereit wird besonders in Verbindung gebracht mit Bambis, Filmstars und Champagnergläsern. Dazu kommt die langjährige Koalition mit der SED-Nachfolgerin Die Linke in Berlin. Insgesamt ein Image, das einen SPD-Politiker derzeit nicht unbedingt ins Kanzleramt führt. (mit dpa)

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