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Berlin: „Wuuuiiieeeh“ – „Flop!“

Heute ist Tag gegen Lärm. Um 14 Uhr 15: Ruhe bitte! Wir erinnern an den Sound unserer Stadt

Vor zehn Jahren wurde der „Tag gegen Lärm“ ausgerufen, oder besser: leise beschlossen. Heute steht das Jubiläum an. Um 14 Uhr 15 soll in Berlin kurz Ruhe herrschen – und zwar 15 Sekunden lang. Schön. Ob wir aber etwas vermissen werden? Bestimmt. Den typischen Sound von Berlin etwa. Wir haben uns in der Stadt umgehört.

Der Sound der S-Bahn: Bei schneller Fahrt klingen die S-Bahnen wie beliebige Eisenbahnzüge. Aber dieses – ja, was hören wir da eigentlich jeden Tag? – leicht angestrengte, elektrisch klingende „Wuuuiiiieeeh“, das schon ein paar Zehntelsekunden vor dem Anfahren einsetzt und nach wenigen Augenblicken im lauter werdenden Rollgeräusch untergeht, das gibt’s nur hier. In Berlin.

Der Sound der Philharmonie: Jetzt, in der lauen Abendsonne, hört man sie immer öfter: die Skater, die vor der Philharmonie über die glatten Steine rollen („Rrrrrrh“), dann abheben („….“) – und auf ihren vier kleinen Rädern landen („Klock!“). So klingt das junge Berlin.

Der Sound von Tiergarten: In der Ferne lärmen Autos, doch am Landwehrkanal – auf dem Fußweg zwischen Schleusenkrug und Café am Neuen See – knirscht jeder einzelne Schritt. Und abends sind die Vögel aus dem Zoo zu hören. Idylle.

Der Sound der U-Bahn: Oft ist es merkwürdig still morgens auf dem Weg zur Arbeit. Keiner schaut sich an, alle schlummern, starren in die Dunkelheit. Und dann öffnet sich plötzlich die Tür und – „Guten Morgen, ’tschuldigen Sie die Störung, mein Name ist …“ Es ist der Sound des armen Berlin.

Der Sound des Sommers: Leise liegt man im Gras, doch dann – „klack“ – ist’s wieder zu hören: dieses Geräusch, wenn Golfer mit ihren Eisen kurz gegen den weißen Ball schlagen. Das ist der Sound des Sommers. Ähnlich wie das monotone „Flop“, das jeder kennt, der in der Nähe eines Tennisplatzes wohnt.

Der Sound der Fähren: Der Diesel tuckert wie bei jedem anderen Schiff, aber das Anlegemanöver auf Berlins Gewässern endet mit dem mächtigen „Klack!“ zweier zentnerschwerer Magneten. Sie halten die Fähre am Steg fest.

Der Sound am Maybachufer: Markante Gerüche, Gewusel am türkischen Markt am Maybachufer in Kreuzberg. Und auch dort gibt es diesen typisch-vertrauten Sound: „Bananabananaleckalecka!“ Ist in keiner Kleinstadt so schön zu hören.

Der Sound des Teufelsbergs: Schließt man die Augen, ist das Geräusch immer wieder zu hören. Leise, dann laut, wieder leise – das Flattern und Surren der Lenkdrachen. Dazu: Kindergeschrei.

Der Sound der Straße: Das Geklapper scheinbar intakter Granitplatten kommt zur Geltung, wenn man zügig mit dem Fahrrad darüberrollt. Ausgewaschener Sand im Untergrund lässt die Platten lose liegen – und bei Belastung klappern. Wie früher auf der Transitstrecke nach Helmstedt: „Plock, Plock – Plockplock“.

Der Sound des Stadions: Bei Hertha verpasst man im Stadion eh nichts, aber davor – das lohnt sich. Draußen vor dem Stadion ist es still, Müll liegt herum – und von drinnen ist das Rauschen der Massen zu hören, leise und angenehm, so ein bisschen wie an der Nordsee.

Der Sound im Regionalexpress: Vor jedem Bahnhof ertönt aus den Boxen eine Synthesizer-Melodie, die so ein bisschen an das Lied „Auf, auf zum fröhlichen Jagen“ erinnert. Freitagabend singt so mancher schon mal mit. Feierabend. AG/obs

Die Initiative im Netz:

www.tag-gegen-laerm.de

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