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Berlin: YASIN (7)

Schulstart II: Yasin hat seine Schultasche schon tagelang zur Probe ein- und ausgepackt. Aber als es am Sonnabend soweit war, konnte der Erstklässler aus Schöneberg vor lauter Aufregung nicht mal frühstücken.

Der siebenjährige Yasin war schon lange vor seiner Einschulungsfeier in der Schöneberger Sternberg-Grundschule aufgeregt. Das ging schon los, als seine Eltern vor zwei Wochen mit der neuen Schultasche ankamen und sie ihm anlegten. Von da an war es vorbei mit der Ruhe im Haus. Zusammen mit seinem Zwillingbruder Bünyamin lief er den ganzen Tag wie ein Model in der Wohnung hin und her, packte die Bücher seiner älteren Schwestern mal ein, mal aus – und natürlich stand sein Ranzen immer neben seinem Bett, wenn er schlafen ging. Nun ist es soweit. Gleich beginnt die Feier, die Yasin und seinem Zwillingsbruder die bevorstehende harte Schulzeit schmackhaft machen soll.

„An unserer Schule ist immer etwas los. Wir singen, tanzen und basteln. Doch was ist das Wichtigste?“, ruft der Schulleiter Bernd Woitinek zur Begrüßung seiner Erstklässler ins Mikrofon. „Lernen“, kommt es aus unzähligen Kinderkehlen kundig zurück. Es ist kurz nach halb zehn, und die Aula der Sternberg-Grundschule, in der 500 Menschen Platz haben, ist brechend voll, kein Stuhl ist mehr leer, einige Besucher müssen stehen. Dabei werden gerade mal 72 Kinder aus der Umgebung zwischen Rathaus Schöneberg und der Grenze zu Friedenau eingeschult.

Dass die Erstklässler in dem Saal schon geübte Schulgänger zu sein scheinen, hat einen einfachen Grund. Viele Geschwisterkinder, wie Yasins Schwestern, sind mitgekommen. Zudem haben zwei Vorschullehrerinnen 33 der 72 Schüler, darunter auch Yasin und den Zwillingsbruder, auf diesen Tag in einjähriger Arbeit gut vorbereitet. Die Frage, die Yasin am Morgen seiner Einschulung am Frühstückstisch seiner Mutter stellte, rührte jedoch ausnahmsweise nicht daher. „Werden wir heute schon Hausaufgaben bekommen?“ Das hat er sich gemerkt, als die Mutter am ersten Tag nach den Ferien seine Schwestern fragte, ob sie Hausaufgaben aufhabe.

Einige Tage später fragt nun der Schulleiter während seiner Rede: „Könnt ihr bis zwanzig zählen?“ Zumindest diese Aufgabe meistert Yasin schon. Dann springen als Wichtel verkleidete Zweitklässler auf die Bühne und führen Kunststücke vor. Yasin lacht herzlich über die witzigen Figuren. Als die als Katzen verkleideten Mitschüler den Tanz des schwarzen Katers Stanislaw vollführen, klatscht er kräftig.

Etwa 40 Prozent der 410 Schüler an dieser Schule sind wie Yasin nichtdeutscher Herkunft. Schulleiter Bernd Woitinek (40), seit etwa drei Jahren im Amt, ist zufrieden. „Bei uns stimmt die Mischung“, sagt er. In seiner Schule melden sich viele bildungsbewusste ausländische Eltern, die hierher zögen, weil sie nicht in Neukölln oder Wedding wohnen wollten. Außerdem profitiert er davon, dass auch Eltern aus der Grenze zum gutbürgerlichen Friedenau ihre Kinder hier anmelden. Als die Feier zu Ende ist, werden alle Kinder in drei Regelklassen mit 24 Schülern eingeteilt. Yasin kommt in die „1 A“ im Erdgeschoss. Nach vierzig Minuten Schnupper-Unterricht ist seine Geduld aber erschöpft. Nun bekommen die Kinder ihre Schultüten. „Wann gehen wir nach Hause“, fragt Yasin. Er will wissen, was in seiner Tüte drin ist.

geht schon seit einem Jahr in der Schöneberger Sternberg-Grundschule ein und aus: Er besuchte hier die Vorklasse. Auch der Vater lernte schon hier. Yasins Zwillingsbruder Bünyamin kommt natürlich in dieselbe Klasse.

Suzan Gülfirat

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