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Berlin: Zahlen oder nicht zahlen

Galas werden erst mit prominenten Gästen zum Ereignis. Einige wollen kostenlos rein, andere kommen für ihre Karten selbst auf

Zusammen mit Prominenten essen und tanzen für einen guten Zweck: Lange galt das in Deutschland als degoutant, inzwischen gehört es zur Routine des Gesellschaftslebens. Zu einem richtigen Charity Event, wie so was in neuer Rechtschreibung genannt wird, gehören prominente Gäste, die medienwirksam über den roten Teppich schreiten, in die Kameras lächeln und der Gala Glamour verleihen, damit sich die ernsten Inhalte transportieren lassen. Dass viele von denen nicht, wie die unbekannteren Gäste, mehrere hundert Euro auf den Tisch legen, ist bekannt. Allerdings ranken sich nach den Erfahrungen der Event-Expertin Beate Wedekind auch viele Vorurteile um dieses Thema herum. Echte Prominente wissen zu unterscheiden zwischen einem Wohltätigkeitsereignis und einem Event, mit dem lediglich ein Produkt lanciert oder ein Geschäft medienwirksam eröffnet wird.

Handele es sich um eine reine PR- oder Image-Veranstaltung, habe niemand ein schlechtes Gewissen, wenn er sich die Anwesenheit seines guten Namens auch entsprechend bezahlen lässt. Bei reinen Wohltätigkeitsveranstaltungen werden in der Regel keine Honorare gezahlt. Viele große Stars legen sich fest und engagieren sich für immer die gleiche gute Sache: für Afrika oder Unicef, für die Krebs- oder die Aidsbekämpfung. Bei den entsprechenden Veranstaltungen engagieren sie sich ehrenamtlich. Der Kurs der Seriensternchen, die gegen Bares auf dem roten Teppich posieren, ist in den letzten fünf Jahren stetig gesunken. Beate Wedekind ist da ganz streng: Je ranghöher die anderen Gäste, desto gründlicher muss man darauf achten, dass es sich bei den Geladenen wirklich um echte Prominente mit besonderen Verdiensten handelt. Angeheiratete Partymiezen und Heroinen des Vorabendfernsehens gehören nicht dazu.

Profi-Gastgeberin Isa Gräfin von Hardenberg, die unter anderem Events für „Innocence in Danger“ gegen sexuellen Missbrauch im Internet organisiert, freut sich über das substanzielle Engagement von Schauspielern wie Heino Ferch oder Senta Berger. Mit Gratis-Tickets sei sie „immer extrem zurückhaltend“ gewesen. „Wir stellen den Prominenten frei, ob sie ihre Karte zahlen oder nicht.“

Natürlich gehe es nicht ganz ohne Prominenz, wenn man eine Veranstaltung positionieren und Aufmerksamkeit erringen will. Zu einem festen Grundsatz bekennt sie sich allerdings vehement: „Wir haben noch nie Stars dafür bezahlt, dass sie zu einem Wohltätigkeits-Event kommen.“ Wer an den Tischen der Sponsoren sitzt, darauf hat sie in der Regel keinen Einfluss. Denn es ist klar, dass ein Unternehmen, das eine fünfstellige Summe im oberen Bereich gibt, bei der entsprechenden Gala auch einen Tisch bekommt, an den die Vorstände sich neben den besten Kunden manchmal auch ihre persönlichen Lieblinge aus Film und Fernsehen einladen. Notfalls mit Hilfe einer Künstleragentur.

Wer pauschal einen Strauß von Gästen, zum Beispiel nach dem Motto „jung und hip“ organisiert haben möchte, wendet sich an die Veranstaltungsagenturen, die über breit gefächerte Kontakte verfügen. Die Bekanntesten der Branche, zu denen neben Isa von Hardenberg und Beate Wedekind auch die Hamburgerin Alexandra von Rehlingen und der Kölner Manfred Schmidt zählen, verfügen über lange gewachsene Netzwerke von Prominenten, die sie persönlich anrufen und zu einer Veranstaltung einladen können. Alexandra von Rehlingen stellt ihre Gästelisten möglichst so zusammen, dass sich die Gäste für die Sache interessieren, selbst wenn sie kommerziell ist. Da kann es schon mal sein, dass ein Schauspieler, der sowieso alles von Mont Blanc sammelt, mit einem hochwertigen Füller belohnt wird. Gäste zu bezahlen und so „irgendwohin zu zwingen“, das lehnt die Hamburgerin als „unelegant“ grundsätzlich ab. Einfacher wird es aus ihrer Sicht nicht, Gäste zu aquirieren. Dass Politiker und Künstler Ehrenkarten bekommen müssen, findet sie schon aus praktischen Gründen normal: „Diese Leute haben jeden Abend 23 Einladungen, wie sollen die das von ihren Gehältern alles bezahlen?“ Noch ein zweites Problem sieht sie: Die Leute hier seien nicht nur ein bisschen übersättigt, sie zahlten im Vergleich zu den Amerikanern auch zu viele Steuern, um noch ausreichend viel Geld für Charity Events übrig zu behalten.

Je begründeter die Prominenz, desto eher sind Gäste übrigens bereit, selber in die Tasche zu greifen. Bei Opernpremieren geht traditionell ein Teil der Karten an geladene Gäste. Aber nicht alle lassen sich einladen. Manche hochrangigen Politiker wählen gern den Umweg über die Kasse, bevor sie in den Zuschauerraum kommen. Alexander Busche, Sprecher der Deutschen Oper, nennt Beispiele: Bundespräsident Horst Köhler zählt ebenso dazu wie die CDU-Vorsitzende Angela Merkel und die Präsidentin des Goethe-Instituts, Jutta Limbach. „Wenn wir sehen, dass die freiwillig bezahlen, freut uns das natürlich ganz besonders.“

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