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Berlin: Zahlenstreit: 45000 Umzüge wegen Hartz?

Roswitha Steinbrenner sprach von „reiner Spekulation und Panikmache“. Nie und nimmer würden 35 000 bis 45 000 Berliner Familien wegen Hartz IV umziehen müssen, sagte die Sprecherin von Sozialsenatorin Heidi Knake-Werner (Linkspartei) zu einer Schätzung, die das Stadtforschungsinstituts Topos gestern vorlegte.

Von Sandra Dassler

Roswitha Steinbrenner sprach von „reiner Spekulation und Panikmache“. Nie und nimmer würden 35 000 bis 45 000 Berliner Familien wegen Hartz IV umziehen müssen, sagte die Sprecherin von Sozialsenatorin Heidi Knake-Werner (Linkspartei) zu einer Schätzung, die das Stadtforschungsinstituts Topos gestern vorlegte. Topos hatte die Zahlen nach einer Befragung von mehreren tausend Mietern in Pankow und Kreuzberg errechnet. Sigmar Gude von der Topos-Stadtforschung verteidigte die Schätzungen: „Wir haben sehr genau nach der sozialen Situation der Betroffenen und ganz detailliert nach ihren Mietkosten gefragt. Unsere darauf basierende Hochrechnung für ganz Berlin ist realistisch.“

Der Streit darüber, wie viele Menschen wegen Hartz IV umziehen müssen, ist alt. Schon im Juli 2004 kursierten Zahlen zwischen zehn- und hunderttausend Betroffenen. Dass es auch acht Monate nach Inkrafttreten der Arbeitsmarktreform noch immer keine seriösen Schätzungen über die zu erwartenden Umzüge gibt, hält der Chef des Berliner Mieterverbands, Hartmann Vetter, für den eigentlichen Skandal: „Die Zahlen liegen ja vor, weil die Leute Anfang des Jahres ihre Einkommens- und Mietsituation darlegen mussten. Offensichtlich will man es lieber nicht so genau wissen.“ Das sei keineswegs so, sagt Roswitha Steinbrenner: „Wir haben nach einer Anfrage der Grünen schon Anfang Juli um eine entsprechende Erhebung durch die Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit gebeten. Die Antwort war, dass das Computersystem dies momentan einfach noch nicht leisten kann.“ Olaf Möller, der Sprecher der Regionaldirektion, kann das nicht nachvollziehen. „Die Zahlen liegen doch auch in den Jobcentern vor. Da sitzen auch die Vertreter der Kommune. Warum sollte die Sozialverwaltung also nicht über die Daten verfügen können?“

Wann verlässliche Zahlen über die Hartz-Umzüge vorliegen werden, wollte gestern niemand sagen. Einstweilen bleibt es bei dem vagen Versprechen der Sozialsenatorin: „Es werden nicht allzu viele sein. Und wenn doch, müssen wir die Regelungen über Ausnahme- und Härtefälle nachbessern.“

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