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Berlin im Blick. Auch die Stadt von heute wird in die 23-Meter-Kuppel projiziert, bevor es hinausgeht in die Weiten des Universums.

©  SPB/Frank-Michael Arndt

Zeiss-Großplanetarium in Berlin: Ein Himmelstheater in 3D

Zwei Jahre lang wurde das Zeiss-Großplanetarium auf den technisch neuesten Stand gebracht. Mit einem spannenden Programm eröffnet es am Donnerstag neu.

Joachim I., Kurfürst von Brandenburg, galt nicht gerade als verzagter Mann. So räumte er entschlossen mit den     Raubrittern in seinem Lande auf, bekämpfte die ihm verhasste Reformation, zeigte auch gegen die Juden nach einer angeblichen Hostienschändung keine Gnade.

Aber als ihm sein Hofastrologe Johannes Carion für den 15. Juli 1525 eine apokalyptische Sintflut voraussagte, ging er doch lieber auf Nummer sicher und zog mit seinem Hofstaat auf den heutigen Kreuzberg, die höchste Erhebung in der Nähe. Erst am Nachmittag – die Gemahlin wurde langsam ungeduldig – befahl er die Rückkehr und geriet prompt in ein fürchterliches Unwetter – nicht das befürchtete Ende der Welt, doch das eines Pferdeknechts und eines Vierergespanns Pferde, erschlagen vom Blitz – so berichtet es jedenfalls der Chronist Peter Hafftiz.

Eine vielleicht nicht ganz verbürgte Episode, aber doch bezeichnend für das frühe Verhältnis der Berliner zu den Sternen – und damit als Detail bestens geeignet für das Programm zur Wiedereröffnung des Zeiss-Großplanetariums in Prenzlauer Berg an diesem Donnerstag. Vor gut zwei Jahren war das 1987 zur 750-Jahr-Feier Berlins als eines der letzten Repräsentationsbauten der DDR eröffnete Haus dichtgemacht worden, Technik und Programm waren in die Jahre gekommen, das Gebäude an der Prenzlauer Allee galt eines der letzten Großrefugien der Dia-Projektion in der Stadt.

Künftig kann man das Universum sogar in 3D erleben, ist das historische Himmelstheater wieder in der Gegenwart angelangt und insgesamt auch schicker geworden mit sanierter Bestuhlung, renoviertem Foyer, neuen Besucherleitsystemen und vor allem einer brandneuen Projektionstechnik. 12,8 Millionen Euro hat das Land Berlin sich das Sternenschauspiel kosten lassen, der Europäische Fonds für regionale Entwicklung gab noch mal 360.000 Euro und die Lotto-Stiftung Berlin 618.500 Euro für das selbstproduzierte Eröffnungsprogramm „Sterne über Berlin“, für das zudem 300.000 Euro von den Berliner Millionen abgezweigt wurden.

Der Eingang zum Zeiss-Großplanetarium in Prenzlauer Berg mit seiner 23-Meter-Kuppel.
Der Eingang zum Zeiss-Großplanetarium in Prenzlauer Berg mit seiner 23-Meter-Kuppel.

© Kalaene/dpa

Rund 900.000 Euro also für einen dank 360-Grad-Projektion in der gesamten Kuppel zu bestaunenden Film – da sollte man schon was geboten bekommen fürs Geld. In diesem Fall einen spektakulären, von Pathos nicht immer freien Streifzug durch die jahrhundertelange, und trotz Johannes Carions Irrtum insgesamt ebenso ruhmreiche wie unterhaltsame Geschichte der Astronomie in Berlin, wenngleich deren Stationen immer nur kurz gestreift werden können.

Zum Beispiel die Entdeckung eines Kometen im Jahr 1702 durch – nein, nicht Gottfried Kirch, den ersten Astronomen der kurz zuvor gegründeten Akademie der Wissenschaften, sondern durch seine Frau Maria Margaretha. Und nicht etwa von einer Sternwarte aus, sondern aus einem Fenster des Wohnhauses der Eheleute. Die Sternenguckerin, astronomische Autodidaktin, hatte ihren Mann bei seinem Beobachtungen immer unterstützt, setzte dessen Arbeit nach seinem Tod fort und gilt überhaupt als die erste Frau, die einen Kometen entdeckt hat.

Erstes Observatorium 1711 eröffnet

Die Eröffnung des ersten Berliner Observatoriums im Jahr 1711 erlebte Kirch nicht mehr. Es war dem Nordflügel des alten Marstallgebäudes Unter den Linden – auf dem Areal steht heute die Staatsbibliothek – als Turm aufgesetzt worden und blieb dort mehr als ein Jahrhundert, bis es der sich ausdehnenden Stadt mit ihren vielen, der Astronomie nicht gerade förderlichen Lichtquellen weichen musste. Als neuer Standort wurde ein Grundstück nahe des Halleschen Tores festgelegt, etwa dort, wo heute die ehemalige, vom Jüdischen Museum genutzte Blumengroßmarkthalle steht.

1835 wurde der zweigeschossige, von Karl Friedrich Schinkel entworfene Bau eröffnet, und elf Jahre später, am 23. September 1846, wurde von dort aus durch den Assistenten Johann Gottfried Galle und den Studenten Heinrich d’Arrest der Neptun entdeckt. Das wäre eigentlich Aufgabe des Direktors Johann Franz Encke gewesen, aber der feierte an jenem Abend, als die auf einen unbekannten Planeten hindeutenden Berechnungen eines französischen Astronomen überprüft werden sollten, gerade seinen Geburtstag.

Anfang des vorigen Jahrhunderts verschwand auch diese Sternwarte wieder, erneut waren die Berliner Astronomen „auf der Flucht vor dem Licht“, so umschreibt es Tim Florian Horn, kommissarischer Vorstand der neugegründeten Stiftung Planetarium Berlin und zugleich Leiter des Zeiss-Großplanetariums. Berlin wurde einfach zu hell für Sternenforscher, der Schlossberg von Babelsberg schien nun die geeignete Adresse, aber ewig galt selbst dies nicht, denn „auch in Babelsberg leuchten die Lichter der Stadt heute heller als die am Firmament“.

So heißt es in dem Film abschließend zu diesem Gewaltmarsch durch die Geschichte der Berliner Sternwarten, bevor der Horizont sich erweitert und es weitergeht, hinein in den „Astroteil“ des Eröffnungsprogramms, hin zu Alpha Centauri, zur Milchstraße, zu den roten Riesen und weißen Zwergen, zum Krebsnebel, zur Welt der Schwarzen Löcher, bevor es zurückgeht zu unserem blauen Planeten. „Der einzige uns bekannte Ort im Kosmos, der wie geschaffen ist für uns Menschen.“

Orte für Sternengucker

Seit 1. Juli sind die Archenhold-Sternwarte, die Wilhelm-Foerster-Sternwarte mit dem Planetarium am Insulaner und und das Zeiss-Großplanetarium unter dem Dach der Stiftung Planetarium Berlin vereint (www.planetarium.berlin).

Prenzlauer Berg: Das Zeiss-Großplanetarium, Prenzlauer Allee 80, wird am Donnerstag eröffnet. Das Programm „Sterne über Berlin“ läuft um 16 und 18 Uhr, danach einmal täglich, als einer von 14 möglichen Programmen. Ebenfalls am Donnerstag um 20 Uhr beginnt ein Programm mit der Pianistin Katharina Treutler: „Sternzeit – Eine musikalische Tour durch die Astronomiegeschichte Berlins“.

Treptow: Die Archenhold-Sternwarte in Alt-Treptow 1, ist mittwochs bis sonntags, 14-16.30 Uhr, geöffnet. Führungen gibt es donnerstags um 20 Uhr sowie sonnabends und sonntags um 15 Uhr.

Schöneberg: Die Wilhelm-Foerster-Sternwarte und das Planetarium am Insulaner, Munsterdamm 90, sind ausschließlich zu den dortigen Veranstaltungen geöffnet.

Spandau: Einen kleine Himmelsausguck gibt es auf dem Spandauer Hahneberg an der Heerstraße, getragen vom Verein Bruno-H.-BürgelSternwarte (www.bhb-sternwarte-berlin.de).

Potsdam: Hier sind Sternengucker beim Urania-Planetarium (www.urania-planetarium.de) und beim Leibniz-Institut für Astrophysik (www.aip.de) an der richtigen Adresse.

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