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Berlin: Zeit, dass etwas fließt

Am Sonnabend beginnt die Brunnensaison, zuerst sprudelt es in Schöneberg Zwei Firmen sponsern um die Wette. Die Bezirke profitieren davon

Bei aller Kühle – die Zeit scheint frühlingsreif genug, um es wieder fließen und sprudeln zu lassen und „Wasser marsch!“ zu verkünden. Wie es die Firmen Wall und Ströer tun. Am kommenden Sonnabend startet Vorstandschef Daniel Wall um 11 Uhr auf dem Viktoria-Luise-Platz in Schöneberg mit dem traditionellen Brunnenfest die Saison, dicht gefolgt vom Konkurrenten, der es am Freitag, dem 30. März, am Pariser Platz „ansprudeln“ lässt. Dann werden die Wasserhähne nach und nach aufgedreht, Ende April dürften die meisten Berliner Brunnen wieder in Betrieb sein.

Rund 300 gibt es, und sie lägen weitgehend auf dem Trockenen, hätten nicht die Straßenmöbel- und Außenwerbungsfirmen viel Geld fließen lassen. Sie liefern sich geradezu einen erfrischenden Wettstreit um die Brunnen der Stadt, und die Bezirke betrachten die Konkurrenz mit Wohlwollen. Ströer hat sich dem Betrieb von 180 Zierbrunnen, Planschbecken und Wasserpumpen verschrieben und finanziert deren Saison mit einer Million Euro.

Wall nahm inzwischen den 80. Brunnen in sein Sponsorprogramm auf, reinigt, wartet und saniert, wendet 400 000 Euro auf. Unter den Brunnen sind so prominente wie der „Wasserklops“ auf dem Breitscheidplatz oder auch die Anlagen auf dem Theodor-Heuss- und auf dem Ernst-Reuter-Platz. In Kürze will Wall in Charlottenburg, an der Richard-Wagner-, Heer- und Knobelsdorffstraße, drei Brunnenanlagen herrichten lassen.

Ströer wird allein in Mitte von 32 Brunnen 29 aus dem Winterschlaf holen, darunter den Neptunbrunnen vor dem Roten Rathaus oder auch die Wasserspiele vor dem Bundeskanzleramt. Die Wasserkaskaden am Fernsehturm sollen voraussichtlich bis Juli saniert sein. In neuem Glanz wird sich bald auch der Brunnen der Völkerfreundschaft auf dem neugestalteten Alexanderplatz präsentieren. Ein Höhepunkt soll in diesem Jahr die Wiederöffnung des Märchenbrunnens im Volkspark Friedrichshain sein, noch sind hier die letzten, öffentlich finanzierten Sanierungsarbeiten nicht abgeschlossen. Die Firmen sind nahezu stadtweit aktiv, allein Ströer hat mit sieben Bezirken langfristige Verträge für die Bewirtschaftung und Pflege von Brunnen abgeschlossen. In Reinickendorf beispielsweise können alle 14 Brunnen in diesem Jahr in Betrieb genommen werden, in Steglitz-Zehlendorf alle zehn.

Bis fast in den letzten Winkel von Marzahn-Hellersdorf wird in vorhandene Wasserspiele investiert. „Für uns gehören die sprudelnden Berliner Brunnen zum fröhlichen Stadtbild der Hauptstadt“sagt Ralf-Thomas Stichel, Geschäftsführer der Unternehmensgruppe.

Vorm Zweiten Weltkrieg soll die Stadt mit über 500 Brunnen ausgestattet gewesen sein, hat die Firma Wall ermittelt. Sie erinnert daran, dass Brunnen zu den ältesten Stadtmöbeln der Welt gehören. Beide Unternehmen sehen die Konkurrenz sportlich. Und die Behörden fragen sich, warum es in den neunziger Jahren so schwer schien, Geldgeber zu finden.

Eine Anlage aber dümpelt noch immer ungenutzt seit bald zehn Jahren vor sich hin: der kaputte Pamukkale-Brunnen im Görlitzer Park in Kreuzberg. Ein von Rechtsstreitigkeiten belastetes Projekt zu übernehmen – das ist auch für gutwillige Sponsoren keine dankbare Aufgabe.

Wäre den Bezirken die Sorge um die meisten Brunnen der Stadt nicht weitgehend abgenommen – die Anlagen sähen so traurig aus wie Pamukkale. Wie knapp das Geld ist, zeigt, dass die Grünflächenämter sparen, Mitte etwa zehn Prozent weniger Blumen pflanzt, auch Charlottenburg-Wilmersdorf das Pflanzprogramm kürzt und dem Kurfürstendamm weniger Blumenkübel spendiert.

Aber Wasser-Geld ist da. Zum Start der Brunnensaison auf dem ViktoriaLuise-Platz wird mit Daniel Wall auch der Bezirksbürgermeister Ekkehard Band auf einen Knopf drücken. Erlöse aus dem kleinen Fest sollen dem Verein Arche zugute kommen, der 200 Kinder und Jugendliche betreut. Wasserspenden macht Spaß und bringt auch sonst viel in Bewegung.

Christian van Lessen

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