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Berlin: Zeitmaschine

VON TAG ZU TAG Frederik Hanssen fragt sich, was in Berlin noch richtig tickt Als gutgläubiger Bürger verlässt man sich gerne auf seinen Staat. Vor allem, wenn man BVG-Fahrer ist.

VON TAG ZU TAG

Frederik Hanssen fragt sich,

was in Berlin noch richtig tickt

Als gutgläubiger Bürger verlässt man sich gerne auf seinen Staat. Vor allem, wenn man BVG-Fahrer ist. Auf dem täglichen Weg zur Haltestelle zeigt mir die Turmuhr des Rathauses Schöneberg an, ob ich mich sputen muss, wenn ich die nächste U-Bahn noch bekommen will, oder ob ich im Trödeltrott verbleiben kann. Seit einigen Wochen allerdings geht die Uhr nach, weshalb ich mehrfach fast den Zug verpasst habe. Irgendwie scheint das im Rathaus keinen zu stören – vermutlich, weil bei der Bezirksreform der Schöneberger Zeitmessvorrichtungskontrolleur eingespart worden ist und der verbliebene Beamte dieses Zuständigkeitsbereichs in Tempelhof residiert. Jetzt aber sind die Zeiger völlig ausgetickt: Die Uhren auf der Süd- respektive Westseite liegen gut zehn Minuten auseinander, und keine geht richtig. Schon peinlich für eine Stadt, die imagemäßig mit New York gleichziehen will, der city that never sleeps. So flott inzwischen in Tempelhof-Schöneberg Steuererklärungen bearbeitet werden, so kundenfreundlich sich die Bürgerbüros präsentieren – in der Außenwirkung zeigt sich, dass die Uhren in dieser Stadt immer noch langsamer laufen als anderswo. Wir Journalisten dürften uns solche Verzögerungen nicht erlauben. Im Tageszeitungsgeschäft gilt die eiserne Regel: Wer zu spät kommt, den bestraft der Leser.

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