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ZEITZEUGEN: EXPERTEN BESCHREIBEN BERLINER SCHÄTZE: Münchhausen und der Trommelflug

Hans Albers' Ritt auf der Kanonenkugel wurde mit einfachen Tricks gefilmt. Propagandaminister Goebbels ließ ihn zum 25. Jubiläum der Ufa drehen.

Einen Film drehen über den Roten Baron, mit einem Hauptdarsteller, der unter Flugangst leidet? In Zeiten unmöglichster Computertricks kein Problem, aber wie entstand der berühmte Ritt auf der Kanonenkugel in Josef von Bakys Meisterwerk „Münchhausen“ von 1943? Und mit welchem Trick schaffte man es damals, dass die Landschaft unter dem fliegenden Baron hinwegglitt, einschließlich der Türkenfestung, in deren Turm die Kugel zuletzt hineinkracht? „Eigentlich alles ganz simpel“, sagt Rainer Rother, Künstlerischer Direktor der Stiftung Deutsche Kinemathek und damit auch Chef des Berliner Museums für Film und Fernsehen in der Potsdamer Straße. Er hat auch die richtigen Modelle zur Hand, um zu zeigen, wie man zum 25. Jubiläum der Ufa Hauptdarsteller Hans Albers das Fliegen lehrte: Der Ritt verlief sozusagen wie am Schnürchen, auf einer – wie der Reiter – vor gemaltem Wolkenhintergrund aufgehängten Kugel. Die dahinsausende Landschaft samt Festung wurde auf eine knapp vier Meter hohe Trommel gemalt und montiert, die unter dem auf einem kranartigen Gerüst sitzenden Kameramann gedreht wurde. Diese Trommel hatte Rother 1992 verkleinert nachbauen lassen, als Kurator einer Ausstellung des Deutschen Historischen Museums und der Kinemathek zu 75 Jahren Ufa. Nur ein Foto der von Gerhard Huttula gebauten Ur-Maschine hatte sein Modellbauer Gerald Narr zur Verfügung. Heute lagert die sogar auf Knopfdruck sich drehende Trommel im Lichtenrader Depot. Der Film war ein Lieblingsprojekt von Propagandaminister Joseph Goebbels. Er ließ sogar zu, dass der politisch verfemte, in seiner Schreibkunst aber anerkannte Erich Kästner das Drehbuch schrieb, wenn auch unter dem Pseudonym Berthold Bürger. Ein unterhaltsames, humanes Werk ist entstanden, das alles andere als Naziideologie transportiert und doch seinen Zweck erfüllte: Feierliche Premiere vier Wochen nach Stalingrad? Dann konnte es so schlimm nicht stehen.

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